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ELTIF-VO Update macht Weg frei für neues Publikums-Fondsprodukt

office buildings at Canary Wharf
Copyright: Osborne Clarke
  1. Was sind ELTIF?

ELTIF steht für European Long-Term Investment Funds und bezeichnet die 2015 neu eingeführte Fondsart, die Klein- und professionellen Anlegern langfristige Investitionen in die Realwirtschaft der EU ermöglichen soll. Der regulatorische Rahmen wird durch die VO (EU) 2015/760 vom 29. April 2015 (im Weiteren: ELTIF-VO) gestellt und nach zunächst mäßigem Erfolg der ELTIF, durch die VO (EU) 2023/606 aus dem Jahr 2023 überarbeitet. Durch die neue Verordnung sollten praktische Hindernisse aus der ersten Verordnung abgebaut und ELTIF zu neuer Relevanz verholfen werden.

Durch ELTIF soll es insbesondere Kleinanlegern ermöglicht werden, besser und variantenreicher in illiquide Anlagegegenstände zu investieren. Dies ist ihnen innerhalb des deutschen Regelungsbereiches aufgrund von Vorgaben hinsichtlich des Umfangs, der Strukturen und der möglichen (zu kombinierenden) Anlagegegenstände nur beschränkt möglich.

ELTIF bieten die Möglichkeit, sowohl in Private Equity, Private Debt und andere Fonds (andere ELTIF, EuVECA, EuSEF etc.), aber auch Immobilien, Infrastrukturprojekte und andere Sachwerte zu investieren. Das interessante dabei ist die Möglichkeit, verschiedene Anlagegegenstände miteinander zu kombinieren. Vorstellbar sind z.B. Themenfonds wie „Pflege und Gesundheit“, die dann in Pflegeheime, Aktien von Medizintechnikunternehmen und Kindergartenbetreiber investieren. Ein ELTIF muss mindestens 55% seines Kapitals in die in der ELTIF-VO aufgeführten illiquiden Anlagegegenstände investieren. Hinsichtlich der Diversifizierung gilt, dass ein Anlagegenstand höchstens 20% des Kapitals des ELTIF ausmachen darf.

  1. Ist ein ELTIF ein geschlossener Fonds nach deutschem Recht?

Zunächst ist zu sagen, dass in der ELTIF-VO selbst kein Maßstab für die Offenheit bzw. Geschlossenheit eines Fonds vorgegeben wird. Daher gelten weiterhin die nationalen Regelungen. Gemäß §§ 338a, 1 Abs.4 Nr.4 KAGB i.V.m. Art. 1 Abs.2 S.1 Delegierte VO (EU) Nr. 694/2014[1] sind AIF dann offen, wenn die Anteile des Fonds vor Beginn der Liquidations- oder Anlaufphase durch den Anteilseigner an den Fonds zurückverkauft oder zurückgegeben werden können. Alle AIF, die nicht dieser Definition entsprechen, sind gemäß § 1 Abs.5 KAGB, Art.1 Abs.3 Delegierte VO (EU) Nr.694/2014 als geschlossen zu kategorisieren.[2]

Fraglich ist, in welche der Kategorien ELTIF einzuordnen sind. Nach Art. 18 Abs.1 ELTIF-VO sind Anteilsrücknahmen grundsätzlich nicht vor Laufzeitende vorgesehen. Nach den eben genannten Maßstäben sind ELTIF daher grundsätzlich als geschlossene Anlagevehikel zu kategorisieren. Dies korrespondiert auch mit der grundsätzlichen Illiquidität der typischen Anlagegegenstände der ELTIF.

  1. ELTIF und das geschlossene Sondervermögen

Fonds können in Deutschland mehrere Rechtsformen annehmen. Dazu gehören die Investmentkommanditgesellschaft, die Investmentaktiengesellschaft und das Sondervermögen. Die Ausgestaltung der Sondervermögen unterlag in Deutschland einigen Restriktionen. Nach § 139 KAGB war eine Ausgestaltung als geschlossenes Sondervermögen nur für Spezial-AIF und damit semi- bzw. professionelle Anleger zulässig, weshalb Sondervermögen im Publikumsbereich nur als offene Fonds ausgestaltet werden konnten. Durch die Überarbeitung der ELTIF-VO werden diese nationalen Restriktionen allerdings durch die europäische Verordnung überlagert. Deutsche Restriktionen bezüglich der Ausgestaltung der Fonds, wie das Verbot der Ausgestaltung als geschlossenes Sondervermögen, gelten demnach nicht für ELTIF. Dadurch können ELTIF auch als geschlossenes Sondervermögen in Form eines Publikums-AIF aufgelegt werden, in die dann auch Privatanleger investieren können.

Dies bietet langersehnte Möglichkeiten für die deutsche Fondsindustrie. Hintergrund dessen ist, dass das Sondervermögen als Fondsform gegenüber den herkömmlichen Gesellschaftsformen der Fonds – Investmentkommanditgesellschaft und Investmentaktiengesellschaft – bedeutende Vorteile hat.

Eine Investmentkommanditgesellschaft ist eine Personengesellschaft und ein Investment darin kann deshalb, gerade aus dem Ausland, umständlich und kompliziert sein, sich steuerlich ungünstig aus-wirken und im Hinblick auf die Abwicklung vor Herausforderungen stellen. Die Gründung und Aufrechterhaltung einer solchen KG bedarf nicht unerheblicher Kosten und Aufwand, beispielsweise für die Aufsetzung des Gesellschaftsvertrages, für regelmäßige Gesellschaftsbeschlüsse und -versammlungen sowie die Ein- und Austragung der Kommanditisten in das Handelsregister etc. Des Weiteren sind Anteile an einer Kommanditgesellschaft nicht depotfähig. Eine Investmentaktiengesellschaft ist gegenüber dem Sondervermögen relativ teuer in der Gründung und stellt einen bedeutenden Mehraufwand durch Compliance mit den Vorschriften zu Aktiengesellschaften dar.

Anteile an Sondervermögen hingegen können im Depot des Kunden bei der Bank verbucht werden. Dies ist im Hinblick auf den Vertrieb an Kleinanleger ein entscheidender Vorteil, da es den Bankenvertrieb öffnet und genauso abläuft, wie das Wertpapiergeschäft. Ferner genießt das Sondervermögen insolvenzrechtlich eine Abschirmungswirkung. Selbst wenn der Verwalter insolvent gehen sollte, die Anlagegegenstände sind davon nicht betroffen. Schließlich gilt für Sondervermögen die Abgeltungssteuer, die im Verhältnis zur persönlichen Besteuerung bei KG-Anteilen günstiger sein kann. Des Weiteren bekommen ELTIF als Sondervermögen aufgrund ihrer europäischen Natur einen europäischen Pass, welcher große Vorteile für den europäischen Vertrieb hat. Deutsche Fonds mit Vertrieb an Kleinanleger können so einen großen neuen Markt erschließen, der ihnen aufgrund der deutschen Restriktionen für ausländische Investoren bisher eher verschlossen geblieben ist.

  1. Geschlossen und trotzdem handelbar

Geschlossene Strukturen, ohne Rückgabemöglichkeiten, eignen sich bekanntermaßen gut für Investments in Sachwerte mit langfristigem Anlagehorizont. Gleichzeitig gibt es gerade bei Privatanlegern das Bedürfnis, ein liquides Produkt zu haben. Wenn Anleger vor Laufzeitende zumindest einmal die Möglichkeit haben, ihren Anteil an dem ELTIF zurückzugeben, dann handelt es sich wie oben dargestellt um einen offenen ELTIF gemäß §§ 338a, 1 Abs.4 Nr.4 KAGB i.V.m. Art. 1 Abs.2 S.1 Delegierte VO (EU) Nr. 694/2014. Um eine offene Struktur zu vermeiden, gleichzeitig aber Rückgaben zu ermöglichen, braucht es also eine andere Lösung.

Hier setzen die sogenannten „Liquidity Window Mechanismen“ an. „Liquidity Window Mechanismen“ sind gemäß Art. 19 Abs.2a VO (EU) die Möglichkeit der Kapitalverwaltungsgesellschaft, den Anlegern eine Plattform zur Verfügung zu stellen, über die die Anträge von ausscheidenden Anlegern mit Anträgen von potenziellen neuen Anlegern abgeglichen werden. So erfolgt keine Rückgabe an die Kapitalverwaltungsgesellschaft, sondern die Anteile werden auf dem Zweitmarkt verkauft.[3]

  1. ELTIF mit Kryptofondsanteilen

Durch die Ausgestaltung als Sondervermögen können ELTIF nunmehr auch mit Anteilen in Form von Kryptotoken ausgestaltet werden. Diese Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber explizit nur für Anteile an Sondervermögen geschaffen (§ 95 Abs.1 S.1 KAGB i.V.m. Verordnung über Kryptofondsanteile). Diese Kryptofondsanteile sind elektronische Anteilscheine, die in ein Kryptowertpapierregister eingetragen sind. Das Register führt gem. § 3 S.1 KryptoFAV die Verwahrstelle des Fonds. Durch diese Anteilsform sind Übertragungen der Anteile an Sondervermögen erstmals direkt über eine Blockchain möglich.[4]

  1. Fazit

Alles in allem lässt sich festhalten, dass durch die neue ELTIF-VO Publikums-AIF nun erstmals auch als geschlossenes Sondervermögen aufgelegt werden können. Letztendlich bieten sich durch den ELTIF für Kleinanleger bedeutend mehr Investitionsmöglichkeiten in illiquide Anlagegegenstände wie Private Equity, Infrastruktur und Immobilien. Für die Fondsindustrie bieten die größere Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Fondsprodukte und der europaweite Vertriebspass eine große Chance für die Erweiterung ihrer Anlegerschaft.

[1] BaFin FAQ zur ELTIF-VO vom 01.02.2024, Geschäftszeichen WA 51-Wp 2154-2023/0001.

[2] BaFin FAQ zur ELTIF-VO vom 01.02.2024, Geschäftszeichen WA 51-Wp 2154-2023/0001.

[3] BaFin FAQ zur ELTIF-VO vom 01.02.2024, Geschäftszeichen WA 51-Wp 2154-2023/0001.

[4] Heidbüchel, CF 2023, 197, 200.

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