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Energieeffiziente Sanierung von Wohnimmobilien: Nachhaltig und rentabel?

Titelbild Market View
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Megatrend Dekarbonisierung

Energetische Sanierungen von Wohnimmobilien gewinnen angesichts steigender Energiekosten, strenger Vorschriften und des Dekarbonisierungsdrucks zunehmend an Bedeutung. Der Megatrend Dekarbonisierung fordert die Immobilienbranche, den CO₂-Ausstoß massiv zu senken. Doch bleibt die Frage für Investoren: Lohnt sich der Aufwand?

Neben Vorteilen wie niedrigeren Energiekosten, Wertsteigerung und staatlichen Förderungen zählen auch mögliche Mietanpassungen und langfristige Marktattraktivität. Mit dem Pariser Abkommen verpflichteten sich 197 Staaten, die Erderwärmung unter 2 Grad zu halten. Die EU strebt Klimaneutralität bis 2050 an, Deutschland bis 2045. Gebäude spielen eine Schlüsselrolle, da sie signifikant zu den Emissionen beitragen. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) verlangt energieeffiziente Sanierungen: Neubauten sollen bis 2030 emissionsfrei sein, Bestandsgebäude bis 2033 mindestens die Energieeffizienzklasse (EEK) „D“ erreichen.

Erneuerbare Energien und moderne Gebäudetechnik bieten CO₂-Einsparpotenziale, doch hohe Kosten und komplexe Vorgaben verunsichern Investoren. Daten von Europace zeigen, dass Bestandsimmobilien mittlerer Qualität gegenüber Neubauten an Wert verlieren. Dieser Artikel beleuchtet die strategischen und wirtschaftlichen Vorteile energetischer Sanierungen und zeigt ihre Bedeutung als Schlüssel für nachhaltige Wertschöpfung im Immobiliensektor.

Energieeffizienzklassen (EEK) im Fokus der Bedarfsanalyse

Der Bedarf an energetischer Sanierung von Wohnimmobilien in Deutschland ist immens. Die Energieeffizienzklassen (EEK), die den jährlichen Energieverbrauch eines Gebäudes bewerten, reichen von „A+“ (sehr effizient) bis „H“ (sehr ineffizient). Vor allem Gebäude der Klassen „E“ bis „H“ weisen erhebliche Defizite auf.

Regionale Unterschiede entstehen durch Bebauungsstrukturen: In Städten dominieren Mehrfamilienhäuser, auf dem Land Einfamilienhäuser. Immobilien mit niedrigen EEK finden sich vor allem in ländlichen und strukturschwachen Regionen. Laut dem IW Köln sind im Saarland 70% der Gebäude ineffizient („E“ und schlechter) – der höchste Wert bundesweit. Auch NRW (50%) und ostdeutsche Bundesländer sind stark betroffen. Viele ostdeutsche Städte profitierten jedoch nach der Wiedervereinigung von Investitionen und steuerlichen Anreizen wie der AfA.

Ein hoher Handlungsdruck besteht, um gesetzliche Vorgaben und Klimaziele zu erreichen. Dennoch bleibt die Sanierungsrate niedrig. Laut DIW Berlin lag sie 2023 bei nur 0,7% und damit deutlich unter der Zielmarke von 2%.

Erfolgsstrategien für effiziente Sanierungen: Best Practices im Überblick

Ein Energieausweis zeigt den energetischen Zustand eines Gebäudes. Fehlt er, lassen sich Strom- und Wärmerechnungen mit Anlage 10 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zur Ermittlung der Energieeffizienzklasse („A+“ bis „H“) nutzen. Effizienzsteigerungen können durch den Austausch von Fenstern und Türen, die Dämmung von Fassaden und Decken, moderne Heizsysteme wie Wärmepumpen oder Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung erzielt werden.

  • Austausch von Fenstern & Türen: Veraltete Fenster und Türen verlieren bis zu 20 % der Wärme. Moderne Zwei- oder Dreifachverglasung minimiert diesen Verlust und verbessert den Schallschutz. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) definiert hierfür maximale U-Werte.
  • Dämmung von Fassaden & Decken: Die Dämmung der obersten Geschossdecke ist kosteneffizient und oft ausreichend. Materialien wie Holzfasern, Styropor oder Mineralwolle senken Wärmeverluste effektiv. Eine gute Fassadendämmung steigert die Effizienz zusätzlich.
  • Heizung: Bei geplantem Fernwärmeanschluss ist ein neues Heizsystem meist unnötig. Ansonsten bieten optimierte Systeme und erneuerbare Energien wie Wärmepumpen, die durch Förderungen schnell amortisiert werden, eine gute Alternative.
  • Photovoltaik-Anlagen: PV-Anlagen ergänzen Wärmepumpen ideal und liefern kostengünstigen Solarstrom. In Mehrfamilienhäusern ermöglichen Mieterstromkonzepte und die Nutzung für Gemeinschaftsbereiche zusätzliche Vorteile. Überschüssiger Strom kann für Ladeinfrastruktur oder Einspeisung genutzt werden.

Energieeffizienz und Einsparpotenziale: Maßnahmen, Kosten und Vorteile für den Mieter

Die CapEx-Analyse zeigt die Investitionen (Capital Expenditures) für energetische Sanierungsmaßnahmen und deren Effekte auf die Energieeffizienz. Moderate Maßnahmen („Moderate“) kosten ca. 250 EUR/m² und bewirken grundlegende Verbesserungen mit einer EE-Steigerung um eine Klasse. Durchschnittliche Maßnahmen („On Average“) für etwa 380 EUR/m² umfassen umfangreichere Arbeiten an Gebäudehülle und Heizsystem, die eine Verbesserung um zwei Klassen ermöglichen. Intensive Maßnahmen („Intensive“) mit Kosten von etwa 520 EUR/m² sind die umfassendsten Sanierungen. Sie setzen auf eine vollständige energetische Modernisierung, die sowohl den Energieverbrauch stark senkt als auch den Wohnkomfort erheblich erhöht. Intensive Maßnahmen ermöglichen eine Verbesserung um bis zu drei Energieeffizienzklassen (EEK).

Warme Nebenkosten wie Heizkosten und Warmwasser machen rund 25% der Gesamtmiete aus. Wohnungen mit höherer Energieeffizienz (EEK „A+“) senken diese Kosten erheblich: Hier liegen die Abschläge nach einer Auswertung des IW Köln bei 1,2 EUR/m², im Vergleich zu 2,0 EUR/m² in Klasse „F“ und schlechter – eine Differenz von 64%. Dies zeigt, wie stark die Energieeffizienz die finanzielle Belastung der Mieter beeinflusst. Effiziente Bau- und Sanierungsmaßnahmen senken Energiekosten, fördern den Klimaschutz und steigern die Attraktivität der Immobilie durch niedrigere Betriebskosten, bessere Vermietbarkeit und einen reduzierten CO₂-Fußabdruck.

Mieter und Vermieter teilen sich die Kosten energetischer Investitionen, da nur ein Teil auf die Mieter umgelegt werden kann. Nach §559 BGB dürfen Vermieter 8% der Modernisierungskosten, etwa für Dämmung, Fensteraustausch oder Heizungsmodernisierung, auf die Jahresmiete umlegen. Diese Umlage wurde 2019 von 11% auf 8% gesenkt, um Mieter zu entlasten. Zusätzlich gelten Kappungsgrenzen: Liegt die Nettokaltmiete über 7 EUR/m², darf die Miete um maximal 3 EUR/m² steigen, darunter gilt eine Grenze von 2 EUR/m². Diese festen Grenzen stellen angesichts steigender Baukosten eine Herausforderung dar und beeinflussen den Spielraum für Sanierungen.

Energetische Sanierung: Staatliche Förderungen – mehr als nur das Sahnehäubchen

Staatliche Förderungen für energetische Sanierungen bieten institutionellen Investoren attraktive Möglichkeiten. Die KfW-Bank unterstützt mit zinsgünstigen Krediten und Tilgungszuschüssen bis zu 25% der Investitionskosten, abhängig vom erreichten KfW-Effizienzhaus-Standard. Gefördert werden u. a. Dämmung, Fenstertausch und die Installation von Wärmepumpen oder Photovoltaikanlagen. Das BAFA erstattet bis zu 40% der Kosten für klimafreundliche Heizungen wie Wärmepumpen und bietet zusätzliche Boni für den Austausch alter Ölheizungen.

Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) kombiniert verschiedene Programme und ermöglicht Zuschüsse bis zu 45% der Kosten für umfassende Sanierungen. Zusätzlich bieten Kommunen häufig Förderungen, etwa für Fernwärmeanschlüsse. Für Investoren senken diese Programme die Sanierungskosten erheblich und schaffen einen finanziellen Anreiz, ökologische und wirtschaftliche Vorteile effizient zu vereinen.

Wie energetische Sanierungen Immobilienwerte beeinflussen

Die BGB-Vorgaben rund um die Umlagefähigkeit der Modernisierungskosten stellen de facto eine Begrenzung der Cashflows dar. Viele risikoaverse Investoren und Investment Manager sehen Wohneinheiten aus der unteren Verteilung der Energieeffizienzklassen als kein geeignetes Investmentprodukt an, da die Elastizität zwischen CapEx und Cashflow-Wachstum im schlechtesten Fall unterhalb der 1-Prozent-Marke liegen könnte. Investitionen werden dann als nicht profitabel angesehen.

Eine solche Einschätzung weist aber durchaus Unschärfen auf unterscheidet eben nicht zwischen der sofort zahlungswirksamen Vertrags- und der erst künftig zahlungsrelevanten Marktmiete. Jeder relevante CapEx-Betrag führt unmittelbar zu einer besseren Qualität der Assets. Eine Qualitätssteigerung spiegelt eine höhere Marktmiete für die Flächen und einen höheren Faktor wider. Beide Komponenten münden in höheren Ansätzen für die Immobilienwerte. Im Unterschied zu privaten Eigentümern unterliegen institutionelle Investoren in aller Regel marktbasierten Rechnungslegungsregelwerken („Market Valuation Approach“) und können die besseren Bewertungsansätze erfolgswirksam realisieren.  Der Umfang der Erhöhung der Cashflow-Potenziale und der Bewertungsfaktoren hängt im Besonderen von der CapEx-Intensität, aber auch allgemein von der EEK-Einstufung vor der jeweiligen Investition und von dem relevanten Städtetyp ab.

Regionale Unterschiede bei energetischen Sanierungen: Wo lohnen sich Investitionen?

Die Dynamiken lokaler Immobilienmärkte und Stadttypen unterscheiden sich stark durch variierende Angebote, Nachfragen, Einkommensstrukturen und demografische Entwicklungen. Diese Faktoren beeinflussen die Wirkung von Sanierungsstrategien auf Mieten und Wertsteigerungen je nach Stadttyp erheblich.

In weniger attraktiven D-Städten reichen moderate oder durchschnittliche Sanierungen („Moderate“ & „On Average“) oft nicht aus, um die Kosten allein durch Wertsteigerungen zu decken, besonders bei Objekten niedriger Ausgangsqualität. Investitionen in mittelqualitative Immobilien können jedoch positive Netto-Wertbeiträge erzielen. Entscheidend ist hier eine fundierte Marktkenntnis, um Potenziale richtig einzuschätzen.

In B-Städten und Metropolen bieten Sanierungen meist positive Ertragschancen, unabhängig von der Investitionsintensität. Der Ankauf minderwertiger Immobilien in Verbindung mit mittleren CapEx-Strategien ist jedoch weniger attraktiv. Zudem zeigt der Wechsel von EEK „A“ auf „A+“ häufig keinen signifikanten Mehrwert. Eine präzise lokale Analyse bleibt unerlässlich, um profitable Investitionsstrategien zu entwickeln.

Energetische Sanierungen von Wohnimmobilien sind im Zeitalter der Dekarbonisierung unverzichtbar. Jedoch ist der Investmenterfolg stark regional geprägt.

Maximilian Radert, LL.M., EMBA
Head of Product Development & Research

Zusammenfassung und Ausblick

Energetische Sanierungen sind im Zeitalter der Dekarbonisierung unverzichtbar. Strengere Gesetze und Klimaziele fordern Investoren heraus, Maßnahmen wirtschaftlich sinnvoll umzusetzen. Rentabilität hängt von Standort, Immobilienqualität und Investitionsumfang ab, während Förderungen von KfW, BAFA und BEG hohe Kosten abfedern und Wertsteigerungen ermöglichen.

Der Erfolg ist jedoch stark regional geprägt: In A- und B-Städten versprechen Sanierungen durchweg positive Renditen, während D-Städte eine differenzierte Analyse erfordern. Hochwertige Objekte bieten signifikante Wertsteigerungen, während Investitionen in minderwertige Immobilien bei mittleren Strategien oft weniger attraktiv sind.

Die Zukunft bleibt vielversprechend: Mit einer erwarteten Marktstabilisierung, Zinssenkungen und staatlicher Unterstützung schaffen energetische Sanierungen eine nachhaltige Chance. Sie kombinieren Klimaschutz mit wirtschaftlichem Nutzen und sichern langfristig den Wert von Immobilienportfolios – ein entscheidender Hebel für ökologischen und finanziellen Erfolg.

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