Beitrag von Patrick Brinker und Florian Schmitz-Muckenhaupt
Hauck Aufhäuser Lampe
Insbesondere seit der Corona-Pandemie haben ambulante Gesundheitsimmobilien verstärkt das Interesse von Anlegern auf sich gezogen, weil das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Gesundheitseinrichtungen gestiegen ist. Investoren schätzen die Resilienz dieser Assetklasse aufgrund des konjunkturunabhängigen Geschäftsmodells und einer hohen Wertstabilität durch indexierte Mietverträge mit hohen, inflationsbereinigenden Anpassungen. Die Anleger, die sich mit dieser Assetklasse beschäftigen, variieren und können eine breite Palette von Interessengruppen umfassen. Dazu gehören beispielsweise institutionelle Investoren wie Fonds und Real Estate Investment Trusts (REIT). Private Equity-Firmen und Vermögensverwalter, die auf den Gesundheitssektor spezialisiert sind, können ebenfalls in ambulante Gesundheitsimmobilien investieren. Aber auch Einzelinvestoren oder Family Offices interessieren sich dafür, besonders wenn sie ein diversifiziertes Immobilienportfolio anstreben.
Ankauf von Ärztehäusern und Gesundheitszentren
Als Manager größerer Fonds, die in ambulante Gesundheitsimmobilien investieren, finden wir uns sehr häufig auf der Käuferseite wieder und vertreten institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen, Versorgungswerke oder Banken. Das kann auch anhand größerer Einzelmandate erfolgen. Wir konzentrieren uns dabei vordergründig auf den Ankauf von Ärztehäusern und Gesundheitszentren mit einem diversifizierten Mietermix. Kleinteilige Objekte, z. B. mit einer Büronutzung im Erdgeschoss und ein bis zwei kleinen Arztpraxen im ersten Stockwerk, sehen wir für institutionelle Anleger nicht als investitionsfähiges ambulantes Gesundheitszentrum an. Vielmehr zählen wir Immobilien mit einer Nutzfläche zwischen 1.000 und
10.000 Quadratmetern und einem überwiegenden Anteil gesundheitsaffiner Nutzer dazu. Betreiberimmobilien kommen für uns nur in Form von Praxiskliniken oder ambulanten OP-Zentren infrage, weil im Zuge der Ambulantisierung zukünftig vermehrt solche Immobilien benötigt werden und wir dafür je nach Betreiber eher geringe Risiken im Betrieb sehen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Assetklassen muss es bei Ärztehäusern und Gesundheitszentren hinsichtlich des Standortes nicht unbedingt immer eine Top-7-Stadt sein. Im Gegenteil – die höheren Renditen lassen sich aus unserer Sicht auch langfristig eher in C- und D-Städten generieren oder sogar in den größeren Mittelstädten ab 50.000 Einwohnern. Schließlich ist eine medizinische Grundversorgung überall in Deutschland dauerhaft notwendig. Und nicht zuletzt kommt es bei der Gesamtbetrachtung auch auf andere Faktoren wie örtliche Gegebenheiten, Nutzungsart, Mietermix, Laufzeiten der Mietverträge und dem (energetischen) Zustand des Gebäudes etc. an.
Auf der Verkäuferseite haben wir es oft mit Eigentümern zu tun, die selbst noch in der Gesundheitsimmobilie Mieter sind – also mit Ärzten, Apothekern oder sonstigen Gesundheitsberufen. Wir nehmen in letzter Zeit eine zunehmende Professionalisierung des Marktes wahr, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich auch die großen und kleineren Maklerhäuser intensiver mit den Bedürfnissen professioneller Investoren hinsichtlich dieser Assetklasse auseinandersetzen. Das Verständnis für die Belange institutioneller Anleger ist dadurch in den letzten Jahren bei vielen Eigentümern gestiegen und so nimmt auch die Qualität der aufbereiteten Dokumente zu, wenngleich Due Dilligence-Prozesse durch fehlende oder unvollständige Unterlagen manchmal noch unnötig in die Länge gezogen werden. Hier erleichtert eine gründliche Vorbereitung und Dokumentation den Ablauf des Kaufprozesses erheblich. Zudem wird bei institutionellen Investoren im Vorfeld durch die Zusendung einer aktuellen Mieterliste mit Informationen zu den Mietern und deren Mietflächen, Vertragslaufzeiten sowie Verlängerungsoptionen eine schnellere Vorprüfung erreicht.
Verschiedene Herausforderungen für Assetmanager
Assetmanager müssen beim Erwerb und der Verwaltung solcher ambulanten Gesundheitsimmobilien eine profunde Marktkenntnis aufweisen, um möglichen Herausforderungen innerhalb dieser Gattung angemessen begegnen zu können. Unabhängig von der Anlagestrategie müssen sie schnell und flexibel sowohl am Objekt selbst als auch mit deren (potenziellen) Mietern arbeiten können. Durch unvorhergesehene Ereignisse können immer wieder Managementaufgaben wie z. B. Nachvermietungen anfallen. In solchen Fällen muss man insbesondere bei der Vermietung an Ärzten die Bedarfsplanung vor Ort kennen und die Zulassungsmodalitäten innerhalb des Sicherstellungsauftrags der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Ärzte bilden immer das Grundgerüst in solchen Immobilien. Je nach Fachrichtung und Tätigkeitsschwerpunkt können sie für andere gesundheitsaffine Mieter im Objekt wichtige Verordner darstellen oder eine Möglichkeit bieten, interdisziplinär an Patienten zu arbeiten. Die Kenntnis solcher Synergieeffekte erlaubt dem Assetmanager ein speziell auf die Mieter abgestimmtes Nutzungskonzept zu implementieren.
Ein gutes Assetmanagement setzt eine ganzheitliche Betrachtung der Immobilie voraus. Es müssen aktuelle sowie zukünftige, vor allem gesetzgeberische und sonstige Marktentwicklungen berücksichtigt und antizipiert werden. Schon während des Ankaufsprozesses und Onboardings müssen Mietverträge angepasst werden. Darin sind oft Schriftformfehler vorhanden und es fehlen ausreichend verschriftlichte Regelungen zu Themen wie Betriebskosten und Instandhaltung. In den letzten Jahren hat das Thema ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) zunehmend an Bedeutung gewonnen und damit auch sogenannte Green Lease-Klauseln in den Mietverträgen, die zu einer konformen (regulatorischen) Berichterstattung notwendig sind.
ESG-Kriterien sind mittlerweile zu einem wichtigen Entscheidungsfaktor geworden, da Anleger nachhaltige und ethische Investitionen bevorzugen. Die wachsende Sensibilität für Umwelt- und soziale Fragen spiegelt sich in einem verstärkten Interesse an nachhaltigen Anlageprodukten wie beispielsweise sogenannte Artikel-8-Fonds wider, bei denen finanzielle Renditen mit positiven sozialen und ökologischen Auswirkungen kombiniert werden. Das alles spielt auch mit Blick auf mögliche Exit-Szenarien eine entscheidende Rolle. Und nicht zuletzt ist ein permanenter Austausch mit den Mietern notwendig, damit das Assetmanagement frühzeitig auf Veränderungen reagieren kann. Oft sind z. B. bei einem Auszug eines Mieters andere Mieter im Haus bereit, die Flächen aufgrund von Erweiterungswünschen zu übernehmen. Im Rahmen eines aktiven Mietermanagements sind solche Potenziale frühzeitig erkennbar. Eine erfolgreiche Investition in diese Assetklasse hängt also auch entscheidend von den Fähigkeiten des Assetmanagers ab, weshalb Investoren nur mit markterfahrenen Akteuren zusammenarbeiten sollten.
Proof of Concept am Beispiel des
Gesundheitszentrums Brandt Areal Hagen
Ärztehäuser und Gesundheitszentren können vielfältige Entwicklungspotenziale bergen, wie am Beispiel des Gesundheitszentrums Brandt Areal in Hagen gezeigt werden kann. Das Objekt wurde 2020 für einen unserer Fonds angekauft – inklusive eines Generalmietvertrages. Nachdem dieser auf unseren Wunsch hin aufgelöst wurde, stand unser Assetmanagement vor einigen Herausforderungen. Insbesondere die Mietverträge mussten auf die Eigentümerin übergeleitet werden. In diesem Zuge wurden durch unser eigenes Leasing-Management auch ein Centermanagement-Vertrag aufgelöst und Schriftformfehler „geheilt“. In weiteren Nachträgen wurden mit den Mietern Green Lease-Klauseln verhandelt und implementiert. Des Weiteren konnte mit einigen Mietern auch eine vorzeitige Ziehung ihrer Verlängerungsoptionen vereinbart werden.
Vermietungsseitig wurde zudem ein Sanitätshaus, welches das Objekt zwischenzeitlich verlassen musste, durch ein anderes nahtlos ersetzt. Die noch leerstehenden Flächen konnten langfristig an Ärzte vermietet werden. So wurde z. B. eine hausärztliche Praxis für den Standort gewonnen, welche die allgemeinmedizinische Versorgung des Stadtteils verbessert und auch für die sonstigen Mieter im Haus ein wichtiger Verordner ist. Zudem konnte eine Augenarztpraxis in das Objekt eingemietet werden. Ergänzend sind am Standort weitere Mieter aus dem Gesundheitssektor wie Apotheke, Hörakustiker, Physiotherapie, ambulante Pflege, Ergotherapie und Psychotherapie tätig. So wurde das Gesundheitszentrum zu einem Top-Standort für ambulante Gesundheitsdienstleistungen weiterentwickelt. Der Verkehrswert der Immobilie konnte dadurch signifikant erhöht werden. Weitere anstehende Assetmanagement-Maßnahmen betreffen ESG-Themen wie z. B. die Implementierung eines Smart Metering-Konzepts und die Aufstellung einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach sowie den Aufbau von Ladesäulen für Elektroautos. Wir sind überzeugt davon, dass auch diese Maßnahmen sich mittelbar wertsteigernd auf das Objekt auswirken werden.
Hier finden Sie den 2. Beitrag dieser Serie: "Auswirkungen aktueller Reformen auf ambulante Gesundheitsimmobilien"