
Der Bürosektor steht bei institutionellen Investoren derzeit nicht hoch im Kurs. Ob Büroimmobilien ein Auslaufmodell sind – oder ob sich für Investoren gerade jetzt Chancen aus der Marktbereinigung ergeben – darüber sprach Tobias Moroni mit Sandra Ludwig, Managing Director bei Institutional Investment Consulting Partners.
Tobias Moroni: Hallo Sandra, der Bürosektor gilt aus Sicht vieler institutioneller Anleger aktuell als wenig attraktiv. Teilst Du diese Einschätzung?
Sandra Ludwig: Grundsätzlich ja. Viele Investoren richten ihren Blick derzeit stärker auf andere Segmente – insbesondere Wohnen und Logistik.
Tobias Moroni: Was belastet das Segment Büro aktuell besonders?
Sandra Ludwig: Es kommen gleich mehrere Faktoren zusammen. Zinsinduzierte Wertkorrekturen führen zu höheren Beleihungsquoten bei Refinanzierungen. Wenn frisches Kapital nur begrenzt verfügbar ist, bleibt in manchen Fällen nur der Verkauf – was den Preisdruck zusätzlich erhöht.
Tobias Moroni: Wertkorrekturen gibt es aber doch in fast allen Immobiliensegmenten. Was macht den Bürosektor besonders?
Sandra Ludwig: Richtig, die Zinswende wirkt sich überall aus. Bei Büroimmobilien fallen die Abschläge aber deutlich stärker aus. Die Spitzenrenditen – also die Nettoanfangsrenditen für erstklassige Objekte – sind in den Top-7-Städten um rund 170 Basispunkte gestiegen. Das entspricht einem Wertverlust von etwa 40 %. Damit liegen die Korrekturen beispielsweise deutlich über den Rückgängen nach der Dotcom-Krise oder der Finanzkrise.
Tobias Moroni: Bedeutet das wie in früheren Krisen auch diesmal: Jede Krise birgt neue Chancen?
Sandra Ludwig: Ja, aber nur selektiv. Die Pandemie hat die Nachfrage nach Büroflächen strukturell verändert. Hybride Arbeitsmodelle und gestiegene ESG-Anforderungen sorgen dafür, dass Nutzer besonders hochwertige, flexible und nachhaltige Flächen nachfragen. Wer investiert, sollte deshalb auf Qualität setzen.
Tobias Moroni: Dein Fazit für Investoren?
Sandra Ludwig: Timing und Einstiegspreise sind ohnehin immer wichtig, aber jetzt noch wichtiger. Wer jetzt in die richtigen Objekte investiert, kann zusätzlich in den kommenden Jahren von einer Angebotsverknappung im hochwertigen Segment profitieren.