Der deutsche Büroimmobilienmarkt steckt weiterhin in einem schwierigen Momentum. Gleichzeitig mehren sich die Anzeichen, dass der Tiefpunkt erreicht ist und 2026 neue Dynamik bringen könnte. Wir haben mit Prof. Dr. Verena Rock, Professorin für Immobilieninvestment an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, Präsidentin der gif – Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung und Beirätin bei Sonar Real Estate, sowie Holger Hosang, Managing Partner von Sonar Real Estate, darüber gesprochen, warum sie optimistisch in das kommende Jahr blicken.
Die Stimmung im Bürosegment ist seit Jahren gedämpft. Herr Hosang, Sie sagen trotzdem: „Ich sehe Licht am Ende des Tunnels.“ Warum?
Holger Hosang:
Die aktuellen Investmentzahlen sind zwar weiterhin schwach, aber es gibt klare Signale, dass sich das Blatt wendet. Namhafte institutionelle Investoren wie die Deka haben in Person von Chefeinkäufer Victor Stoltenburg angekündigt, wieder stärker in Büroimmobilien zu investieren. Das war für eine lange Zeit nicht der Fall. Und wir sehen, dass Immobilien, die eine Repositionierung hinter sich haben, attraktiv werden. Das Büro bleibt die wichtigste Assetklasse – und auch auf der Nutzerseite beobachten wir eine erkennbare Erholung.
Inwiefern erholt sich der Nutzermarkt?
Holger Hosang:
Nach Corona ist die Anwesenheit im Büro kontinuierlich gestiegen. Die Homeoffice-Zeiten nehmen tendenziell ab, und nur noch rund ein Drittel der Nutzer plant überhaupt, Büroflächen zu reduzieren. Viele Beschäftigte schätzen ihren eigenen Arbeitsplatz, das vertraute Umfeld, die Kolleginnen und Kollegen und natürlich auch die gemeinsamen Gespräche an der Kaffeemaschine im Büro. Der Wunsch nach einer persönlichen „Area“ ist stärker, als viele erwartet haben.
Frau Rock, können Sie diese Entwicklung bestätigen?
Verena Rock:
Absolut. Die Anforderungen der Mieter steigen deutlich. Es geht heute um hochwertige, attraktive und gleichzeitig nachhaltige Flächen, die eine gute Meeting- und Teamkultur ermöglichen. Unternehmen haben erkannt, dass produktives Arbeiten durch persönliche Zusammenarbeit gefördert wird. Parallel sehen wir, dass das Volumen auf dem Vermietungsmarkt in Deutschland zunimmt – besonders im Segment der kleinen und mittleren Vermietungen. Und: Unsere gif-Prognose zeigt, dass die Spitzenmieten weiter steigen und sich der Leerstand in den meisten Märkten nach einer langen Phase der Zunahme nicht weiter vergrößert. Die Talsohle scheint erreicht. Das ist ein sehr wichtiges Signal.
Neue Büroflächen werden fertiggestellt. Was bedeutet das für ältere Bestandsimmobilien?
Verena Rock:
Für manche Objekte wird es tatsächlich schwieriger – vor allem in Märkten wie Berlin, wo das Angebot groß und die Lageanforderungen besonders anspruchsvoll sind. Entscheidend bleiben die Gebäudequalität, die Erreichbarkeit und das direkte Umfeld. Wer gut angebunden ist und attraktive Flächen bieten kann, wird sich durchsetzen.
Holger Hosang:
Und genau hier liegt der Vorteil von Immobilien, die modernisiert werden oder bereits eine klare Strategie haben. Man sieht es beim PRISMA in Frankfurt-Niederrad: hervorragende ÖPNV-Anbindung, hohe Nachhaltigkeitsstandards, attraktive Services wie ein Restaurant und ein Fitnessstudio vor Ort. Solche Aspekte machen ein Objekt für Mieter wie für Investoren interessant.
Sie sprechen Nachhaltigkeit an. Ist das zu einem echten Entscheidungskriterium geworden?
Holger Hosang:
Ja, durchaus. Nach unseren Erfahrungen ist Nachhaltigkeit inzwischen eines der zentralen Kriterien. Viele Mieter – gerade große Unternehmen – achten auf ihren ökologischen Fußabdruck. Nachhaltige Gebäude bieten darüber hinaus niedrigere Energiekosten, was sie langfristig wirtschaftlich attraktiv macht.
Verena Rock:
Für Mieter bedeutet das schlicht: geringere Betriebs- und Nebenkosten. Deswegen gilt das nicht nur für das PRISMA, sondern für alle modernisierten, energieeffizienten Bestandsflächen. Wir sehen, dass qualitativ hochwertige, nachhaltige Büros die Zukunft sind. Auch die mieterseitige Akzeptanz von Green Leases nimmt zu.
2025 waren vor allem Family Offices aktive Käufer. Wird sich das 2026 fortsetzen?
Holger Hosang:
Davon gehe ich aus. Family Offices sind extrem flexibel und können – anders als institutionelle Investoren – ohne enge Bindung an Laufzeiten oder Businesspläne agieren. Sie nutzen die Chance, jetzt hochwertige Immobilien zu reduzierten Preisen zu erwerben. Das treibt den Markt spürbar an.
Verena Rock:
Und sobald die Nachfrage 2026 in diesem Segment steigt, werden auch institutionelle Investoren wieder aktiver werden. Besonders Value-Add-Investoren sehen wir mit klaren Konzepten, viel Kreativität und Kompetenz im Asset Management. Core-Investoren hingegen sind im Bürosegment noch zurückhaltender.
Sehen Sie Anzeichen für sinkende Preise oder gar Notverkäufe?
Verena Rock:
Die Werte von Büroimmobilien sind gefallen, ja – aber wir sehen langsam eine Stabilisierung. Die Anfangsrenditen, die bis Ende 2024 gestiegen sind, bewegen sich nun auf einem stabilen Niveau und sind auch gemäß gif für 2026 weiterhin stabil prognostiziert.
Holger Hosang:
Trotzdem sind viele Objekte aktuell zu attraktiven Preisen am Markt. Für Investoren, die eine klare Weiterentwicklungsstrategie verfolgen, ist das eine große Chance.
Herr Hosang, Sie haben das PRISMA und Frankfurt-Niederrad erwähnt. Dort hat sich das Umfeld stark verändert. Können solche Stadtteile zu neuen Gewinnern werden?
Holger Hosang:
Ja, das sehen wir schon. Die Stadt Frankfurt hat früh erkannt, dass aus der Bürostadt Niederrad ein lebendiges Quartier entstehen muss. Heute gibt es dort eine Vielzahl an Wohnungen, Supermärkte, Restaurants – die Urbanität ist da. Mit vorausschauender Stadtplanung lassen sich solche Standorte deutlich aufwerten.
Verena Rock:
Diese gemischt genutzten Quartiere sind die Zukunft. Niederrad hat es vorgemacht, andere Standorte werden folgen, ich denke da zum Beispiel an Berlin-Südkreuz.
Zum Schluss: Was erwarten Sie konkret für 2026?
Holger Hosang:
Ich bin optimistisch. Vor ein paar Jahren hatten wir einen Immobilien-Peak, und 2026 bis 2028 laufen viele Finanzierungen aus. Das kann die erforderliche Bewegung in den Markt bringen, insbesondere durch Umschichtungen und notwendige Verkäufe. Das Transaktionsvolumen kann spürbar steigen – nicht auf das Niveau der Nullzinsphase, aber deutlich über dem der vergangenen Jahre.
Verena Rock:
Dem schließe ich mich an. Wir werden eine steigende Nachfrage sehen, stabilere Preise und attraktive Möglichkeiten für Investoren. Die Trendwende ist erkennbar – und 2026 könnte das Jahr sein, in dem der Büroimmobilienmarkt wieder Fahrt aufnimmt.