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Canada Calling – Immobilienallokationen in Nordamerika neu denken („Macro Matters“ – Expo Real Spezial 2025)

Wirtschaft & Immobilie: Zwei Perspektiven, ein Standort

Die folgende Analyse fasst die zentralen Inhalte der Expo-Real-Spezialausgabe der Webinar-Reihe „Macro Matters – The KINGSTONE View“ zusammen. Verfasst wurde der Beitrag von Sebastian Müller, Junior-Analyst bei KINGSTONE Real Estate. Im Rahmen der Expo Real 2025 in München wurde eine weitere Ausgabe der Reihe durchgeführt – diesmal mit einem klaren Schwerpunkt auf Nordamerika. In dieser Spezialausgabe diskutierten Wenzel Hoberg (FIERA Real Estate), Prof. Dr. Ulrich Nack (EBZ Business School) und Maximilian Radert (KINGSTONE Real Estate) über Kanada als ergänzenden Zielmarkt für institutionelle Investoren aus dem deutschsprachigen Raum. Im Mittelpunkt standen die makroökonomischen Stärken des Landes – stabiles Bevölkerungswachstum, verlässliche Institutionen und eine solide Finanzlage – sowie die Frage, welche geopolitischen und wirtschaftspolitischen Faktoren Kanada zu einem stabilen Anlagehafen machen. Ergänzend wurde der Immobilienmarkt analysiert, der durch hohe Transparenz, geringe Leerstandsquoten und einen strukturell wachsenden Flächenbedarf, insbesondere in Logistik und Wohnen, überzeugt.

Wirtschaft im Fokus: Wie Kanada international abschneidet

Die kanadische Wirtschaft wird von einem breit diversifizierten Dienstleistungssektor und einer starken Energiewirtschaft getragen. Laut IWF bleibt das kanadische BIP-Wachstum solide und volatilitätsarm; für 2025 werden 1,2% und für 2026 1,3% erwartet. Damit befindet sich Kanada auf einem stabilen Wachstumspfad. Die USA hingegen stehen angesichts der Trump-Politiken, darunter verschärfte Zölle, das Risiko finanzieller Repression und mögliche Eingriffe in die Unabhängigkeit der Notenbank, vor deutlich höheren wirtschaftlichen Unsicherheiten. Im Jahr 2025 stellte der Bereich Bauen und immobiliennahe Dienstleistungen mit rund 13% den größten Anteil an der Wertschöpfung, gefolgt vom verarbeitenden Gewerbe (9%), dem Gesundheits- und Sozialwesen (8%) sowie Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (7%). Diese sektorale Breite unterstreicht die strukturelle Widerstandsfähigkeit der kanadischen Volkswirtschaft. Gleichzeitig gelingt es Kanada zwar noch nicht, das starke Bevölkerungswachstum von rund 1% pro Jahr vollständig in Produktivitätsgewinne zu überführen, setzt jedoch gezielt auf eine qualifikationsorientierte Einwanderungspolitik, die langfristig erhebliches Wachstumspotenzial bietet. Dieses Modell gilt zunehmend als Orientierungspunkt für die deutsche Migrationspolitik.

Inflation – vorbei, verlagert oder verharmlost?

Die geldpolitische Dimension gewinnt an Bedeutung, da sie bestimmt, ob wirtschaftliches Momentum in reales Wachstum übersetzt werden kann. Kanada hat die pandemiebedingte Hochinflation, die maßgeblich durch Energiepreise getrieben war, vergleichsweise schnell überwunden: Bereits 2023 lag die Inflation bei 2,8%, deutlich unter dem deutschen Jahreswert von 5,9%. Im September 2025 betrug die Teuerungsrate 2,4%, während die Kernrate stabil bei 2,8% blieb. Bis 2030 wird ein durchschnittliches Preisniveau von etwa 2,1% prognostiziert, leicht unter den Erwartungen für die USA und Deutschland. Die Bank of Canada reagierte mit einer klaren Neuausrichtung und senkte den Leitzins nach der Straffung auf 5% im Jahr 2023 Ende Oktober 2025 auf 2,25%. Mittelfristig wird ein Niveau von etwa 2,7% erwartet – etwas über Euroraum und China, auf Augenhöhe mit den USA. Als Zentralbank eines kleinen Währungsraums orientiert sich die BoC traditionell eng an den geldpolitischen Signalen der US-Notenbank. Vor diesem Hintergrund zeigt sich eine geringe Volatilität des kanadischen Dollars, während der US-Dollar zuletzt trotz höherer Zinsen aufgrund handelspolitischer Unsicherheiten und wirtschaftspolitischer Volatilität unter der Trump-Administration an Stabilität verlor. Für Investoren bedeutet dies im Ergebnis real stabilere Renditen und höhere Planbarkeit.

Kanadas Demografie im globalen Kontext

Kanada weist eine außergewöhnlich dynamische Bevölkerungsentwicklung auf. Mit einem Wachstum von rund 1,8% im Jahr 2024 – über 700.000 zusätzlichen Einwohnern – zählt das Land zu den am schnellsten wachsenden Industriestaaten. Die qualifikationsorientierte Einwanderungspolitik stabilisiert den Arbeitsmarkt und federt den demografischen Alterungsprozess ab. Bis 2040 liegt Kanada beim erwarteten Bevölkerungswachstum klar an der Spitze der G7. Dies bildet einen zentralen Treiber für die langfristige Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeimmobilien.

Kanadas Widerstandskraft in einer protektionistischen Welt

Weltweit ist in den vergangenen Jahren ein klarer Trend zu protektionistischen Maßnahmen zu beobachten – ein Prozess, der sich bereits vor der Amtszeit Donald Trumps abzeichnete und sich unter ihm deutlich beschleunigte. Mit seiner offen protektionistischen Haltung („I love tariffs“) stieg die Zahl zusätzlicher Zölle und handelspolitischer Beschränkungen spürbar an. Auch Kanada geriet dabei wiederholt ins Visier und sah sich nominalen Strafzöllen von bis zu 35% gegenüber. Auf den ersten Blick könnte dies auf eine besondere Verwundbarkeit gegenüber US-Handelsbarrieren hindeuten. Tatsächlich zeigt sich Kanada jedoch bemerkenswert widerstandsfähig. Die enge Einbindung in nordamerikanische Produktions- und Lieferketten sowie das trilaterale Canada–United States–Mexico Agreement (CUSMA) schützen das Land vor vielen US-Zusatz- und Strafzöllen. Zudem ist die kanadische Wirtschaft weniger export- als konsumgetrieben, wodurch externe Schocks weniger stark durchschlagen. Kalkulatorisch liegt der effektive US-Zollsatz auf kanadische Produkte bei lediglich rund 2,4%

Weitere Fundamentaldaten, die Kanada stärken

Kanada verfügt über eine außergewöhnlich starke Rohstoffbasis – darunter Holz, Metalle, seltene Erden, große Wasserreserven sowie Öl- und Gasvorkommen – und ist damit in zentralen Bereichen energie- und importunabhängig. Dies stärkt die geopolitische Stabilität. Zugleich zählt Kanada zu den führenden nachhaltigen Volkswirtschaften weltweit. Strenge Umweltstandards, eine ambitionierte Klimapolitik, ein wachsender Anteil erneuerbarer Energien und transparente Governance-Strukturen schaffen verlässliche Rahmenbedingungen für langfristige Investitionen.

Kanada zählt aus unserer Sicht zu den wenigen G7-Märkten mit dauerhaft attraktiver Investierbarkeit – wachstumsseitig nahe an den USA, zugleich mit deutlich höherer politischer Stabilität.

Wenzel Hoberg
Global Head of Real Estate (FIERA Real Estate)

Triebkräfte für Stabilität und Wachstum am Immobilienmarkt

Kanada zählt zu den größten und transparentesten Immobilienmärkten weltweit. 2024 wurden Transaktionen im Umfang von 44,4 Mrd. USD getätigt, was rund 10% der geschätzten Gesamtmarktgröße entspricht. Eine über 100-jährige Analyse bestätigt die außergewöhnliche Resilienz des Marktes gegenüber wirtschaftlichen Zyklen. Im G7-Vergleich weist Kanada die höchste Sharpe Ratio auf – das Ergebnis stabiler Renditen bei niedriger Volatilität und geringer Zyklizität. Der Wohnimmobiliensektor wird zusätzlich von strukturellen Faktoren getragen: Die seit 2015 steigende Hauspreis-Einkommens-Relation signalisiert keine spekulative Überhitzung, sondern die zunehmende Housing-Affordability-Problematik und den anhaltenden Nachfrageüberhang. Wohnraum bleibt strukturell knapp, die Nachfrage durch starke Demografie hoch. Für institutionelle Investoren entsteht so ein langfristig stabiler Teilmarkt.

Auch das Anlageverhalten großer kanadischer Pensionsfonds zeigt interessante Verschiebungen. Während sie traditionell stark international ausgerichtet waren und zu den aktivsten Investoren am US-Immobilienmarkt gehörten, war 2024 ein deutlicher Rückgang der Ankäufe zu beobachten. Zugleich rückt der heimische Markt stärker in den Fokus, was auf einen Abbau des bisherigen Home-Bias schließen lässt. Diese Entwicklung könnte zum Referenzmodell für andere Länder werden, deren institutionelle Kapitalströme bislang überproportional in die USA fließen. Damit gewinnt Kanada selbst zunehmend an Bedeutung – als Substitut zu US-Investments und als eigenständige, strategisch relevante Marktalternative.

Kernergebnisse im Überblick

Kanada präsentiert sich als einer der stabilsten und volatilitätsärmsten Wirtschaftsräume innerhalb der G7. Die robuste makroökonomische Basis, das zielgerichtete Migrationsmodell sowie das investorenfreundliche Währungs- und geldpolitische Umfeld sichern die Widerstandskraft des Landes. Diese Stabilität spiegelt sich unmittelbar im Immobilienmarkt wider, der durch hohe Transparenz, geringe Volatilität und die höchste Sharpe Ratio im G7-Vergleich überzeugt. Strukturelle Nachfrageimpulse – insbesondere in Wohnen und Logistik – untermauern die langfristige Attraktivität des Marktes. Kanada entwickelt sich damit zunehmend zu einer strategischen Alternative zu US-Investments und zu einem verlässlichen Standort für langfristig orientierte institutionelle Anleger.

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