Die jüngst angekündigte US-amerikanische Stargate-Initiative ist zweifellos beeindruckend. Mit einem Investitionsvolumen von 500 Milliarden US-Dollar setzt sie ein klares Zeichen: Die digitale Infrastruktur, insbesondere Datencenter, sind essenziell für moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI). Doch während Stargate als ambitionierter Fahrplan dient, zeigt ein genauer Blick darauf, dass der Ausbau nicht von heute auf morgen geschieht – er ist eine Investition in die Zukunft.
Europa im globalen KI-Wettkampf
Nicht nur die USA setzen auf massive Investitionen in KI-Infrastruktur. Die Europäische Kommission scheint diese Lücke in der EU erkannt zu haben und hat in einem ersten Schritt angekündigt, zusätzliche 20 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt für die Entwicklung von KI in Europa bereitzustellen. Das Geld soll in vier sogenannte Giga-Fabriken fließen, in denen Entwickler KI-Modelle mit großen Datenmengen trainieren können. Auch Frankreich hat auf dem KI-Gipfel in Paris mit einer Antwort auf Stargate reagiert: Präsident Emmanuel Macron stellte ein 109-Milliarden-Euro-Programm für den Ausbau der französischen KI-Infrastruktur vor. Besonders bemerkenswert: 50 Milliarden Euro dieser Summe stammen aus dem Staatsfonds der Vereinigten Arabischen Emirate und Brookfield plant 15 Milliarden Euro in französische Rechenzentren zu investieren. Andere europäische Länder hingegen zögern noch.
China verfolgt eine andere Strategie. Dort wird KI nicht nur als wirtschaftlicher, sondern auch als geopolitischer Faktor betrachtet. Die Regierung stellt Daten als Produktionsfaktor bereit und fördert Unternehmen aktiv. Dies zeigt sich in Entwicklungen wie der KI-App Deep Seek, die mit westlichen Modellen konkurriert und durch eine optimierte Nutzung vorhandener Rechenleistung punktet. Peking hat verstanden: Wer in die digitale Infrastruktur investiert, sichert sich technologische Souveränität.
Deutschland: Starke Basis vorhanden für Data Center
Wie sieht es hierzulande aus? Deutschland bringt sehr gute Voraussetzungen für den Ausbau von Rechenzentren mit. Einer der höchsten Datenschutzstandards weltweit bewegt Unternehmen dazu, ihre Daten im Inland zu hosten. Eine polyzentrische Struktur mit mehreren wirtschaftlichen Hubs, verteilt über das gesamte Land, sowie ein vergleichsweise stabiles Stromnetz mit geringen Ausfallzeiten schaffen eine sehr gute Grundlage. Deutschland ist zudem ein Transitland – nicht nur für den Kfz-Verkehr, sondern auch für den Datenverkehr. Hinzu kommen hochqualifizierte Fachkräfte mit Erfahrung und Expertise im Bereich digitale Infrastruktur sowie regulatorische Vorgaben wie das Energieeffizienzgesetz, die einen nachhaltigen Betrieb fördern.
Doch trotz dieser Stärken steht Deutschland vor einer entscheidenden Herausforderung: die Stromverfügbarkeit. Wie der aktuelle JLL Global Data Center Outlook 2025 zeigt, wächst der weltweite Markt für Rechenzentren rasant. Hyperscaler- und Colocation-Zentren vereinten 2024 rund 50 Gigawatt (GW) an Rechenleistung. Bereits 2025 sollen sieben GW hinzukommen, bis 2027 könnten es – je nach Szenario – bis zu 89 GW sein. In der EMEA-Region (Europa, Naher Osten, Afrika) dürfte das Wachstum auf bis zu 19 GW steigen. Ein zentraler Engpass ist jedoch die Energieversorgung. Laut JLL wird der globale Strombedarf von Rechenzentren bis 2030 voraussichtlich zwei bis vier Prozent des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen. In Deutschland ist der hohe Energiebedarf bereits in einigen Märkten ein Hemmnis für Genehmigungen und Neubauten.
Wachstumspotenzial, aber noch geringe Investitionsbereitschaft
Deutschland hat das Potenzial, Europas führender Standort für Rechenzentren zu werden. Studien zeigen, dass die IT-Anschlussleistung deutscher Rechenzentren von derzeit 2,7 GW bis 2030 auf 4,8 GW steigen wird – ein Wachstum von 75 %. Doch während ausländische Investoren diesen Markt zunehmend für sich entdecken, halten sich deutsche Kapitalgeber bislang noch zurück. Dabei bieten Rechenzentren stabile Cashflows und langfristige Mietverträge, die attraktive Renditen ermöglichen.
Handlungsempfehlungen für Deutschland
Die Herausforderung ist klar: Ohne eine zuverlässige und nachhaltige Energieinfrastruktur wird das Potenzial der Digitalisierung nicht vollständig genutzt werden können. Deutschland muss jetzt handeln. Bürokratische Hürden müssen abgebaut und Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. Der Ausbau von erneuerbaren Energien und Speicherlösungen ist essenziell, da Rechenzentren stabile und nachhaltige Stromquellen benötigen. Ebenso entscheidend sind Investitionen in Übertragungsnetze und Umspannwerke, da ohne eine leistungsfähige Netzstruktur das Wachstum nicht Schritt halten kann. Die Förderung energieeffizienter Technologien wie Flüssigkeitskühlungen, die effizienter als herkömmliche Luftkühlungen sind, bietet weiteres Potenzial.
Stargate zeigt uns, wie eine koordinierte Strategie zur Förderung digitaler Infrastruktur aussehen kann. In Deutschland stehen wir ebenfalls vor der Aufgabe, regulatorische Rahmenbedingungen anzupassen, den Netzausbau zu beschleunigen und Investitionen gezielt zu lenken. Das Glas ist halb voll – aber nur, wenn wir die richtigen Weichen stellen. Jetzt ist die Zeit, um Deutschlands digitale Zukunft aktiv zu gestalten!