Was eine moderne Infrastruktur leisten muss, ist so abstrakt, dass es schwer zu fassen ist. Deswegen wagt Robert Guzialowki, Leiter Business Development Real Assets bei der HANSAINVEST, ein Gedankenexperiment: Was verrät eine Minute über Infrastrukturinvestments?
Minütlich werden weltweit 232 Millionen E-Mails versendet, Videos mit einer addierten Gesamtlänge von einer Million Stunden gestreamt, rund 5,7 Millionen Google-Suchen gestartet und etwa 1,75 Millionen Prompts bei ChatGPT abgesendet. Was das für die Infrastruktur bedeutet, wird oft erst auf den zweiten Blick klar: Ein ChatGPT-Prompt beansprucht nach konservativen Annahmen etwa 0,3 Wattstunden Energie. Rechnet man damit und mit der durchschnittlichen Energieerzeugung von Deutschlands Windkraftanlagen weiter, wird klar: Allein um den jährlichen Energiebedarf für deutsche ChatGPT-Prompts zu decken, braucht es zwei bis drei Windräder – deren Errichtung schnell einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag kostet. Dabei ist ChatGPT in Deutschland für weniger als 0,001 Prozent des gesamten Energiebedarfs verantwortlich – für den es also noch tausende Windräder mehr braucht.
Wenn die Bundesregierung 500 Milliarden Euro für Infrastruktur insgesamt verspricht, dann ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ein beachtlicher Investitionsaufwand, der in den kommenden Jahren deutlich größer werden dürfte. Gerade weil künstliche Intelligenz mehr und mehr Einzug in den Alltag hält, könnte der jährliche und weltweite Energiebedarf von Rechenzentren bereits 2027 so hoch sein wie der von ganz Japan. Deutschlands Energienetze sind darauf noch gar nicht vorbereitet.
Allein in Deutschland braucht es deshalb bis 2045 Investitionen in Höhe von rund 650 Milliarden Euro in die Stromnetzinfrastruktur, dazu kommt der Ausbau von erneuerbaren Energiequellen oder Stromspeichern. Einer Metastudie der DIHK zufolge dürften bis 2035 jährlich zwischen 113 und 316 Milliarden Euro erforderlich sein, um die Energiewende hierzulande zu bewältigen. Außerdem sind Investitionen in die marode Verkehrsinfrastruktur nötig, digitale und soziale Infrastruktur brauchen ebenfalls Kapital. Wenn die Bundesregierung also 500 Milliarden Euro für Infrastruktur insgesamt verspricht, dann ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.
Zwar funktionieren Teile des Infrastrukturausbaus bereits gut: Die Photovoltaik-Ziele für 2024 etwa wurden schon nach wenigen Monaten erfüllt. An anderen Fronten herrscht aber Nachholbedarf. Nicht umsonst fordert die Solarwirtschaft verbindliche Ausbauziele für Batteriespeicher, der Offshore-Windkraftausbau stockt ebenfalls. Gut ist: Bei Investoren, die den Infrastrukturausbau treiben könnten, herrscht weiterhin reges Interesse. Mehr als die Hälfte der im BAI Investor Survey 2025 befragten institutionellen Investoren wollen ihre Infrastructure-Equity- oder Infrastructure-Debt-Allokation erhöhen. Nur ein Bruchteil denkt daran, die Infrastrukturallokation zu senken. Gefragt sind neben den erneuerbaren Energien und der digitalen Infrastruktur das Transportwesen, die soziale Infrastruktur und der Versorgungssektor.
Bei Infrastrukturinvestitionen steht mehr noch als bei Private Debt, Private Equity und Immobilien die Portfoliodiversifikation im Vordergrund – auch das zeigen Umfragen unter Investoren wie die BAI Investor Survey 2025. Und tatsächlich sind Infrastrukturinvestments beispielsweise mit diversen Anleihesegmenten negativ korreliert. Ferner nennen Investoren regelmäßige Kapitalerträge als Grund für ihr Interesse an Infrastruktur.
Sowohl die Europäische Union als auch die deutsche Bundesregierung werkeln daran, Hindernisse zu beseitigen.
Fakt ist aber auch: Ein Großteil dieses Geschäfts findet abseits der öffentlichen Märkte und damit in den Private Markets statt. Dort gab es selbst für institutionelle Anleger in der Vergangenheit noch einige Hindernisse, die Investitionen hemmten. Bei Privatinvestoren fehlten gar geeignete Wege, um in den Private Markets aktiv zu werden. Sowohl die Europäische Union als auch die deutsche Bundesregierung werkeln daran, diese Hindernisse zu beseitigen. Auf EU-Ebene reagierte die Kommission mit neuen Vorgaben für den ELTIF, der auch Kleinanleger an die Private Markets heranführen soll – immerhin ein Viertel des 2024 in ELTIFs verwalteten Vermögens entfiel auf die Assetklasse Infrastruktur.
Des Weiteren wurde durch die Achte Verordnung zur Änderung von Verordnungen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (8. VAGVÄndV) eine Infrastrukturquote von fünf Prozent eingeführt. Diese trat am 7. Februar 2025 in Kraft und änderte die Anlageverordnung (AnlV), die die Kapitalanlagevorgaben für regulierte Investoren wie Pensionskassen, kleine Versicherungsunternehmen und Versorgungswerke regelt. Steuerliche Unsicherheiten sollen durch das Standortfördergesetz aus dem Weg geräumt werden.