Jahrelang konnten Asset Manager in Deutschland offene Immobilienfonds nur nach Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) auflegen. Mit dem ELTIF drängt sich eine Alternative auf. Robert Guzialowski von der HANSAINVEST erklärt, wann der ELTIF als Immobilienfonds die Nase vorne hat.

Das Jahr 2024 war nach Neuauflegungen ein Rekordjahr für die ELTIF-Branche. Auffällig ist dabei aber: Immobilien-ELTIFs sind bisher selten. Nur 8,5 Prozent des ELTIF-Gesamtvolumens entfallen auf Real Estate. Dabei kann der ELTIF durchaus eine Alternative zum klassischen Immobilienfonds sein, wie ein Vergleich zeigt.
ELTIF versus offener Immobilienpublikumsfonds
Für Asset Manager, die ihre Immobilienfonds auch an Kleinanleger und Privatanleger vertreiben wollen, kommen ein offener Immobilienpublikumsfonds nach §§ 230 ff. KAGB und der ELTIF infrage.
Zum Vermögensgegenstand besteht beim offenen Immobilienpublikumsfonds nach KAGB ein strikter Anlagenkatalog: Demnach dürfen die Portfoliomanager des Fonds in Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte sowie Beteiligungen an Immobiliengesellschaften investieren und aus Gründen des Liquiditätsmanagements bestimmte Wertpapiere, Geldmarktanteile und Bankguthaben erwerben. Anders ist es beim offenen ELTIF – in der Praxis normalerweise semi-liquider ELTIF genannt. Als Multi-Asset-Produkt darf er neben Immobilien auch in Private Equity, Private Debt und Infrastruktur investieren. Insbesondere die Immobilie unterliegt im ELTIF einem recht weiten Sachwertebegriff. Das kann den Erwerb von ausländischen Immobilien erleichtern oder gar den Erwerb z.B. einer Hotelimmobilie samt deren Betrieb ermöglichen.
Erwähnenswert ist für den ELTIF zudem die Portfoliozusammensetzung: Die Kreditaufnahmegrenze darf 50 Prozent des Nettovermögenswertes des ELTIF nicht übersteigen. Um im Folgenden eine gewisse Vergleichbarkeit herzustellen, sei festgehalten: Diese Grenze entspricht ungefähr einem Loan To Value (LTV) von 33 Prozent. Beim offenen Immobilienpublikumsfonds liegt die Kreditaufnahme bei maximal 30 Prozent der Verkehrswerte – was wiederum einem LTV von circa 30 Prozent entspricht. Davon abgesehen sind die Regeln für die Portfoliozusammensetzung des ELTIF weniger kleinteilig und damit weniger komplex, aber flexibler handhabbar.
Fondsplattformen scheuen bei ELTIFs die manuellen Aufwände neuer Fristen.
Auch beim Liquiditätsmanagement gibt es Unterschiede. Bei offenen Immobilienpublikumsfonds sind Rückgaben erst nach 24 Monaten Haltefrist und 12 Monaten Kündigungsfrist möglich. Diese Vorgaben haben sich in der Praxis gerade in den vergangenen Jahren und diversen Krisen als Stütze erwiesen. Beim ELTIF sind die Vorgaben rechtlich sehr umfangreich und komplex, aber flexibel gestaltbar. Das nutzen Initiatoren am Markt derzeit allerdings nicht oft. Denn: Fondsplattformen wiederum scheuen die manuellen Aufwände neuer Fristen, weshalb sie zum Teil nur die Halte- und Kündigungsfristen des offenen Immobilienpublikumsfonds akzeptieren.
Der Publikums-ELTIF kann über das EU-Passporting-Verfahren zum grenzüberschreitenden Vertrieb in der gesamten EU zugelassen werden. Für den offenen Immobilienpublikumsfonds gilt das nicht. Mit diesem Vorteil, der einfacheren sowie flexibleren Handhabung in der Portfoliozusammensetzung und der leicht höheren Kreditaufnahmegrenze stellt der ELTIF den offenen Immobilienpublikumsfonds in den Schatten.
ELTIF versus offener Immobilienspezialfonds
Wollen Asset Manager ihren Immobilienfonds dagegen ausschließlich an (semi-) professionelle Anleger vertreiben, muss sich der ELTIF mit dem offenen Spezial-AIF nach § 282 KAGB oder dem praxisrelevanten offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen nach § 284 KAGB messen.
Der Anwendungsbereich für den Vermögensgegenstand der offenen Spezial-AIFs ist weiter als der des offenen Immobilienpublikumsfonds. So kann der offene Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen neben Immobilien und Immobiliengesellschaften auch Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Derivate, Bankguthaben, Investmentanteile, Infrastruktur-Projektgesellschaften, Edelmetalle, unverbriefte Darlehensforderungen, Unternehmensbeteiligungen und Kryptowerte erwerben. Der offene Spezial-AIF nach § 282 KAGB geht sogar noch weiter: Für den Vermögensgegenstand muss nur der Verkehrswert ermittelbar sein. Wie bereits zuvor erklärt, ermöglicht auch der ELTIF ein breites Portfolio – daran ändert sich auch nichts, wenn Initiatoren den ELTIF nur an (semi-)professionelle Anleger vertreiben wollen.
Fondsmanager dürfen mit den Spezialfonds mehr Fremdkapital aufnehmen als mit einem ELTIF.
Zur Portfoliozusammensetzung: ELTIF-Manager müssen mindestens 55 Prozent des Kapitals in die zulässigen Anlagevermögenswerte investieren – auch dann, wenn der ELTIF nur an (semi-) professionelle Investoren vertrieben wird. Allerdings darf dann ein einzelner, zulässiger Anlagevermögenswert auch mehr als 20 Prozent des Kapitals des ELTIF ausmachen und ELTIF-Manager können 100 Prozent des Nettovermögenswertes beleihen. Das entspricht einem LTV von circa 50 Prozent.
Nun der Blick auf die offenen Spezial-ETFs: Bei beiden KAGB-Fondsvehikeln muss der Grundsatz der Risikomischung eingehalten sein. Nach der aktuell herrschenden Auffassung und der gelebten Praxis ist dieser Grundsatz bei mehr als drei Vermögensgegenständen mit unterschiedlichen Anlagerisiken gewahrt. Ansonsten hat der offene Spezial-AIF nach § 282 KAGB keine festgeschriebene Kreditaufnahmegrenze. Um sich gegenüber Hedgefonds abzugrenzen, sollte die Grenze aber bei einem LTV von ungefähr 75 Prozent liegen. Der offene Spezial-AIF nach § 284 KAGB darf Kredite bis zu 60 Prozent des Verkehrswertes der im Fonds befindlichen Immobilien aufnehmen. Das wiederum entspricht einen LTV von etwa 60 Prozent. Fondsmanager dürfen mit den Spezialfonds also mehr Fremdkapital aufnehmen als mit einem ELTIF.
Maximale Kreditaufnahme pro Fondsstruktur gemessen am vereinfacht berechneten LTV
ELTIF | Immobilienfonds nach KAGB | |
Fonds, der an private und (semi-)professionelle Anleger vertrieben wird | ca. 33 Prozent | ca. 30 Prozent |
Fonds, der nur an (semi-)professionelle Anleger vertrieben wird | ca. 50 Prozent | ca. 75 Prozent (§ 282 KAGB), bzw. ca. 60 Prozent (§ 284 KAGB) |
Quelle: Eigene Berechnungen
Das Liquiditätsmanagement eines ELTIF, der nur an (semi-)professionelle Investoren vertrieben wird, unterscheidet sich nicht von dem eines ELTIF, der auch für private Investoren geeignet ist. Für den offenen Spezial-AIF nach § 282 KAGB ist lediglich erforderlich, dass die Vermögensgegenstände so liquide sein müssen, dass sie die für den Spezial-AIF vorgesehene Rücknahmen von Anteilen oder Aktien ermöglichen. Für den offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen ist statt des KAGB eher Art. 46 bis 49 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 (Level-II-Verordnung) für das Liquiditätsmanagement entscheidend. Demnach muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft sicherstellen, dass sie über ein Liquiditätsmanagement und Verfahren zur Überwachung der Liquiditätsrisiken verfügt. Außerdem muss sie gewährleisten, dass sich das Liquiditätsprofil der AIF-Anlagen mit seinen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten deckt. Das führt dazu, dass zwischen ELTIF und offenem Spezial-AIF keine wesentlichen Unterschiede bestehen. Den Vorteil des grenzüberschreitenden Vertriebs können sowohl der ELTIF als auch der Spezialfonds ausspielen, für beide ist ein EU-Passporting möglich.
Das Fazit
Es lässt sich festhalten, dass gerade der offene Spezial-AIF nach § 284 mit festen Anlagebedingungen strukturell optimal auf die Auflage von Immobilienfonds aufgestellt ist und insbesondere mehr Kreditaufnahmen ermöglicht, weshalb er in der Praxis weiterhin der Regelfall bleiben sollte.
Dass ELTIFs aber neben den Immobilienpublikumsfonds eine gute und vielleicht sogar bessere Idee sein können, beweist folgende Anekdote: Im Jahr 2024 überführte ein Asset Manager zwei seiner bisherigen Immobilienfonds in eine ELTIF-Struktur. Das Argument des Asset Managers: ein größerer Anlegerkreis und ein internationalerer Vertrieb. Es ist also denkbar, dass der ELTIF auch als Immobilienfonds wichtiger wird und zur Alternative für offene Immobilienpublikumsfonds nach KAGB heranreicht. Dass das bisher nicht so war, hängt wohl auch damit zusammen, dass der ELTIF 2.0 in eine für den Immobilienmarkt schwierige Zeit hinein geboren wurde.