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Konvergenz der Governance: Zusammenlaufen von Wertpapier- und Real-Assets-Fonds 

Bild: 2IP/KI

Manchmal offenbaren sich Branchentrends in kleinen Einzelfällen. So drängen erste institutionelle Anleger auf eine besonders starke Verantwortungs-Governance in Immobilien-Masterfonds-Mandaten. Die rechtliche Verantwortung des Asset Managers soll sich nicht länger in der bloßen Beratung des Portfoliomanagements der Master- oder der Service-KVG erschöpfen. Was in liquiden Fonds nicht unüblich ist, wird Asset Managern nun vereinzelt auch bei Immobilienfonds als Versprechen abgenommen: Er soll mit vollständiger Verantwortung das Portfoliomanagement von der Master- oder Service-KVG übernehmen.

Bislang war es in der Immobilienwelt und auch in anderen Teilbereichen der Real Assets nahezu unüblich, dass der Asset Manager im Wege der Delegation das vollständige Portfoliomanagement übernimmt – und damit weitreichendere Verantwortung trägt. Doch gerade dieses Beispiel beschreibt eindrücklich den übergeordneten Trend einer zunehmenden Konvergenz der Governance zwischen liquiden und illiquiden Fonds. 

Zwei Welten, die traditionell weitgehend unabhängig voneinander betrachtet werden, haben bereits vor längerer Zeit damit begonnen, sich strukturell anzunähern. Was lange klar getrennt schien – hier die liquide Welt mit ihrer datengetriebenen Logik und täglichen Bewertung, dort die illiquide mit ihren individuellen Bewertungszyklen und projektbezogenen Risiken – rückt noch näher zusammen. Investoren, Aufsicht und Marktmechanismen führen dazu, dass Governance-Prinzipien beider Seiten immer stärker ineinandergreifen. 

Als Katalysatoren dieser Entwicklung wirken insbesondere Marktanbieter, die sich als Innovationstreiber verstehen. Sie haben als erstes damit begonnen, die regulatorischen und operativen Prozesse technologisch zu verknüpfen – und so die Anwendung von Governance-Prinzipien aus der liquiden Welt auch für Real Assets verfügbar zu machen.  

Ein Ausfluss dessen ist, dass erste Master-KVGs Immobilienfonds für Individualanleger auflegen mit der Besonderheit: An den Asset Manager, der sich als Dienstleister des Masterfonds um das Immobilienmanagement der im Masterfonds direkt angebundenen Immobilien kümmern soll, wird nicht lediglich die Beratung des – bei der KVG verbleibenden – Portfoliomanagements durch einen Dienstleistungsvertrag beauftragt. Sondern der Asset Manager bekommt vollständig im Wege einer “echten” Auslagerung das Portfoliomanagement durch einen Auslagerungsvertrag übertragen. Man nennt den Asset Manager technisch dann auch den “delegierten Portfolioverwalter”.  

Das Verlangen erster Investoren in Real Asset basierten Masterfonds-Mandaten nach einer vollständigen Auslagerung des Portfoliomanagements ist zwar vergleichsweise neu, aber im Grunde genommen eine nicht überraschende Konsequenz der Entwicklung, dass sich Governance-Prinzipien aus der liquiden Welt in der Real Assets Welt verfügbar machen: Was in der liquiden Fondsindustrie seit Langem gängige Praxis ist, wird nun eben auch in Real-Asset-Strukturen vereinzelt von institutionellen Investoren nachgefragt. Dort, wo Asset Manager über tiefe Markt- und Objektexpertise verfügen, kann die Übertragung des Portfoliomanagements zu stärkerer Verantwortlichkeit und klareren Entscheidungsstrukturen führen – vorausgesetzt, Governance und Risikomanagement der KVG bleiben wirksam verankert. 

Für die KVG wiederum stellt sich daher genau diese zentrale Frage: Wie bleibt ihre Risikomanagementfunktion intakt, wenn sie operative Anlageentscheidungen einschließlich des Immobilienmanagements delegiert? In der Praxis erfordert das in der Real Assets Welt angepasste Vertragswerke, präzise Schnittstellenregelungen und ein überarbeitetes Aufsichtskonzept – ein Balanceakt zwischen Kontrolle und Übertragung von Verantwortung. 

Gerade für Master- und Service-KVGs bedeutet diese Entwicklung eine anspruchsvolle, aber ebenso chancenreiche Aufgabe: Strukturen zu schaffen, die unterschiedliche Mandatsmodelle zulassen, ohne die eigene Aufsichtsfunktion zu verwässern. Governance wird damit zu einem Balanceinstrument zwischen Freiheit und Kontrolle – und zu einer gemeinsamen Sprache, die liquide und illiquide Welt verbindet. 

Vielleicht ist genau das die wichtigste Erkenntnis: Liquide und illiquide Fonds nähern sich nicht zufällig an, sondern weil sie auf derselben Grundidee beruhen – Kapital verlässlich, transparent und treuhänderisch zu verwalten. Technologie als Enabler hat diesen Prozess nur beschleunigt und verstärkt. 

📌 Ergebnis 

  • Konvergenz bedeutet keine Verwischung der Unterschiede, sondern einen intakten Trend der Governance-Annäherung zwischen liquiden und illiquiden Fonds. 
  • Die Auslagerung des Portfoliomanagements ist in der liquiden Welt Routine, im Real-Assets-Segment bislang Ausnahme – aber eine, die zum Nachdenken anregt. 
  • Vielleicht ist sie ein Vorgeschmack darauf, wie künftig auch illiquide Fondsstrukturen aussehen könnten: flexibler, transparenter und mit noch klarerem Verantwortlichkeitskompass. In jedem Fall gibt diese Entwicklung neue Impulse zu einer weiteren Professionalisierung der institutionellen Real-Assets-Kapitalanlage. 

 

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