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Marktanalysen und Investmentchancen 2025: Warum Bestandswohnungen das Rennen machen

Palu Malerba, Pexels

Der deutsche Immobilienmarkt befindet sich 2025 in einer Phase bemerkenswerter Neuordnung. Die seit 2022 dominierenden Ausschläge – Zinsschock, Bewertungsdruck und Zurückhaltung – weichen zunehmend einer ruhigeren, berechenbaren Taktung. Es sind weniger die erwarteten Zinssenkungen, die den Trend prägen, sondern das Ankommen in einem stabilen Zinsplateau. Genau diese Stabilität schafft die Voraussetzung dafür, dass Marktteilnehmer wieder verbindlich kalkulieren können und Transaktionen auf einem niedrigen Niveau zunehmen. Dass diese Stabilisierung nicht nur eine Gefühlslage ist, lässt sich messen: Im ersten Halbjahr 2025 flossen rund 4,5 Mrd. Euro in Wohnimmobilien-Investments – und damit mehr Kapital in dieses Segment als in jede andere Assetklasse. Wohnen bleibt damit nicht nur das emotionale, sondern auch das volkswirtschaftliche Zentrum des deutschen Immobilienmarktes.

Nachfragehoch trifft Neubaukollaps

Gleichzeitig verschärft sich der strukturelle Engpass im Wohnungssektor dramatisch. Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) werden jährlich rund 320.000 neue Wohneinheiten benötigt, um den Bedarf auch nur annähernd zu decken. Die realen Fertigstellungen erreichen jedoch seit Jahren kaum die Marke von 290.000 Einheiten – Tendenz 2025 erneut rückläufig. Diese Lücke wirkt wie ein ökonomischer Brennglas-Effekt: Je geringer der Neubau, desto höher die Signale im Bestand. In vielen urbanen Zentren Deutschlands – auch in den Schwarm- und Universitätsstädten – trifft die anhaltend hohe Zuwanderung auf ein Angebot, das sich nicht vergrößert, sondern verknappt. Während Projektentwicklungen stocken, Genehmigungen sinken und Baukosten steigen, gewinnt die Bestandsimmobilie an strategischer Attraktivität: Sie ist vorhanden, vermietet und kalkulierbar.

Finanzierung unter Druck – Qualität als neue Währung

Auch wenn sich die Finanzierungskonditionen im Vergleich zum Vorjahr verbessert haben, bleibt das Umfeld anspruchsvoll. Banken agieren wählerischer, Finanzierungen müssen intensiver unterlegt werden und Investoren analysieren genauer. Was früher nur wünschenswert war, wie klare Nutzerstrukturen, belastbare Lagen und ein robustes Mikromilieu, ist heute der entscheidende Differenzierungsfaktor. In dieser Marktphase zeigt sich eine bemerkenswerte Dynamik: Objekte in starken B- und etablierten C-Lagen liefern häufig ein besseres Rendite-Risiko-Profil als klassische Prime-Lagen der sieben größten Städte Deutschlands. Das deckt sich mit unserer täglichen Ankaufspraxis und mit der Realität eines Marktes, der Substanz höher bewertet als Symbolik.

Regulatorik: für internationale Investoren komplex, für Kenner Alltag

Die Regulatorik bleibt zwar komplex – Stichworte: Mietpreisbremse, Milieuschutz, Erhaltungssatzungen –, doch für erfahrene Marktteilnehmer ist sie beherrschbar. Die Mechanismen sind bekannt, die Risiken sind eingepreist und im Zweifel entscheidet die Expertise über die Wirtschaftlichkeit. Für internationale Investoren stellt sich diese Landschaft oft anders dar. Zwar nimmt das grenzüberschreitende Interesse 2025 wieder sichtbar zu, doch in Transaktionsprozessen zeigt sich weiterhin ein Heimvorteil nationaler Akteure. So dominierten laut Cuchman & Wakefield in H1 2025 inländische Käufer weiterhin das Wohninvestmentgeschehen, auch wenn ihr Volumenanteil leicht zurückging (von 71 % auf 67 %); im zweiten Quartal lagen internationale Investoren mit rund 0,83 Mrd. € jedoch bereits nahezu gleichauf mit deutschen Käufern.
CBRE bestätigt diese Rückkehr ausländischen Kapitals und weist für die ersten drei Quartale 2025 einen deutlich gestiegenen Auslandsanteil von 34 % am Transaktionsvolumen im Multifamily-Segment aus; zugleich bleibt der Markt von kleineren, selektiven Einzeldeals geprägt. Internationale Anleger bewerten regulatorische Unsicherheiten damit weiterhin häufiger als zusätzlichen Risikofaktor, während inländische Investoren aufgrund ihrer Marktvertrautheit eher in der Lage sind, solche Themen einzuordnen und daraus Wettbewerbsvorteile zu ziehen.

ESG: vom Trend zum stillen Fundament

Was vor wenigen Jahren noch als überhitztes Leitmotiv der Branche galt, ist heute zu einem ruhigen, aber verlässlichen Bestandteil jeder seriösen Ankaufs- und Bestandsstrategie geworden. Energieeffizienz, Klimarisiken und Versicherbarkeit spielen eine größere Rolle – jedoch nicht aufgrund politischer Aufladung, sondern weil sie sich messbar auf Betriebskosten, Mietstabilität und Finanzierungskonditionen auswirken. Zugleich hat die regulatorische Schärfe der EU-Vorgaben nachgelassen, was den Umgang im Tagesgeschäft erleichtert, ohne die Bedeutung der Themen zu mindern. Für professionelle Investoren ist ESG damit kein Trend mehr, sondern ein nüchterner Qualitätsfilter, der Risiken transparent macht und langfristige Wertentwicklung absichert.

Die Rückkehr des privaten Kapitalanlegers

Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung im Segment der privaten Kapitalanleger: Der private Anleger ist zurück. Die Gründe dafür sind vielfältig: Altersvorsorge, inflationsgeschützte Vermögensbildung und das Vertrauen in Wohnimmobilien als krisenfestes Gut sorgen für steigende Nachfrage. Regionen mit stabilen Arbeitsmärkten, guter Infrastruktur und wachsender Bevölkerung– profitieren davon besonders. Für die Gesamtmarktstabilität ist diese Käufergruppe unverzichtbar, da sie langfristig, konservativ und antizyklisch investiert und damit einen Gegenpol zu institutionellen Anlegern bildet, die stärker durch globale Kapitalmarktdynamiken geprägt sind.

Bestand ist der Anker in einem Markt im Übergang

Der deutsche Wohnimmobilienmarkt 2025 ist kein explodierender Markt, aber einer, der sich festigt. Die strukturelle Angebotsknappheit, die Rückkehr privater Anleger und das stabile Zinsumfeld führen dazu, dass Bestandswohnimmobilien die verlässlichste Währung dieses Marktes sind. In einer Zeit, in der Neubauprojekte scheitern, internationale Investoren zögern und Büroimmobilien unter strukturellem Druck stehen, bleibt der Wohnungsbestand das tragfähige Segment. Stabil. Verständlich. Nachfragegetrieben. Und vor allem zukunftsfähig.

Der deutsche Wohnimmobilienmarkt 2025 ist kein explodierender Markt, aber einer, der sich festigt.

Stefan Fuchs
Managing Director, Portfolio Management, Asset- und Property Management, Transaction, Domicil Real Estate Group

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