‚Zeitenwende im institutionellen Immobilienmarkt‘
Kapitel 1 der 6-teiligen Reihe „IMMOBILIENSTRATEGIE 2025+: REVITALISIERUNG, REPOSITIONIERUNG, ZUKUNFTSSICHERUNG“
Die Rahmenbedingungen für institutionelle Immobilieninvestoren haben sich in den letzten Jahren drastisch gewandelt. Einst als stabile und renditestarke Anlagen geschätzt, stehen Immobilienportfolios nun vor vielfältigen Herausforderungen. Gestiegene Zinsen, verschärfte ESG-Anforderungen und veränderte Nachfragestrukturen prägen die neue Realität. Viele Immobilienportfolios müssen sich anpassen, um langfristig wertstabil und finanzierbar zu bleiben. Das klassische Buy-and-Hold-Modell stößt an seine Grenzen, und aktives Asset Management spielt die zentrale Rolle.
In dem ersten Kapitel analysieren wir die zentralen Treiber dieser Veränderungen und zeigen auf, warum ein „Weiter so“ keine Option ist.
Die Lösung liegt im aktiven Asset Management: Repositionierung von Bestandsimmobilien und eine gezielte Portfolio-Transformation können institutionellen Investoren dabei helfen, Risiken zu reduzieren und Chancen zu nutzen.
Abwertungen, ESG-Druck, geänderte Nachfragestrukturen – Wo stehen wir 2025?
- Abwertungen und Marktunsicherheiten Die europäische Immobilienbranche zeigt vorsichtigen Optimismus. Laut dem „Emerging Trends in Real Estate: Europe 2025“-Bericht von PwC erwarten über 80 % der Befragten, dass das Geschäftsvertrauen und die Profitabilität der Branche stabil bleiben oder steigen werden. Dennoch wird ein nachhaltiger Aufschwung erst in drei bis fünf Jahren prognostiziert, bedingt durch geopolitische und konjunkturelle Unsicherheiten.
Gleichzeitig setzt das Zinsniveau Immobilienwerte weiter unter Druck. Die Renditemarke von 3 % ist bei der zehnjährigen Bundesanleihe nicht so weit entfernt – ein Niveau, das zuletzt im Herbst 2023 erreicht wurde. Zur Wochenmitte lag die laufende Verzinsung der zehnjährigen Bunds bei 2,74 % am Sekundärmarkt. Die Deutsche Finanzagentur stockte zudem erst vor wenigen Tagen die zehnjährige Bundesanleihe mit einem Kupon von 2,50 % auf, wobei das Papier zu dem Zeitpunkt sogar mit einer durchschnittlichen Rendite von 2,92 % platziert wurde – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 2,52 % bei der letzten Auktion am 19. Februar 2025 (Börsen-Zeitung).
Diese Entwicklung macht risikofreie Staatsanleihen für Investoren wieder attraktiver und erhöht den Druck auf Immobilienwerte, da höhere risikoadjustierte Renditen erforderlich sind, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Zusätzlich gilt es, die Entwicklungen rund um offene Immobilienfonds genau zu beobachten. Sollte es in Folge des ZBI-Urteils zu einer grundsätzlichen Änderung der Risikoeinstufung kommen, könnte eine neue Krise in diesem Produktsegment entstehen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth entschied kürzlich, dass die Risikoklassifizierung des UniImmo Wohnen ZBI fehlerhaft war, nachdem der Fonds im Juni 2024 aufgrund einer Neubewertung seiner Immobilien um 16,7 % an einem Tag abgewertet wurde. Sollte dieses Urteil eine Branchenneubewertung von offenen Immobilienfonds nach sich ziehen, drohen weitere Liquiditätsengpässe und mögliche Mittelabflüsse. Union Investment hat zwar Berufung eingelegt, doch die Unsicherheit bleibt bestehen.
- ESG-Druck und regulatorische Anforderungen Nachhaltigkeit ist zu einem zentralen Faktor in der Immobilienbranche geworden. Regulatorische Initiativen wie der EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums fordern die Integration von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in Investmentstrategien. Unternehmen, die ESG-Kriterien konsequent umsetzen, werden für Investoren, Mieter und Käufer attraktiver, während Immobilien, die diese Anforderungen nicht erfüllen, an Wert und Nachfrage verlieren.
- Geänderte Nachfragestrukturen Die Pandemie hat das Nutzerverhalten nachhaltig verändert. Die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen und Homeoffice-Optionen hat die Anforderungen an Büroflächen neu definiert und zu einer verstärkten Segmentierung geführt. Eine Gruppe von Mietern bevorzugt moderne, flexible und ESG-konforme Flächen, was insbesondere in Zentrumslagen zu einer erhöhten Nachfrage nach solchen Immobilien führt. Andere Mieter sind hingegen durch die Rezession (noch) preissensibler geworden, legen kaum Augenmerk auf ESG-Aspekte und suchen nur funktionalen Arbeitsraum.
Warum ein „Weiter so“ keine Option ist: Chancen durch aktives Management
Angesichts dieser Herausforderungen ist ein passives Management von Immobilienportfolios keine tragfähige Strategie mehr. Aktives Asset Management bietet die Möglichkeit, durch gezielte Maßnahmen wie ESG-Optimierungen und flexible Nutzungskonzepte den Wert von Immobilien zu erhalten oder zu steigern. Unternehmen, die proaktiv handeln, können nicht nur Risiken mindern, sondern auch neue Chancen nutzen und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Die Rolle von Repositionierung und gezieltem Portfolio-Shift
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- Repositionierung von Bestandsimmobilien – Die erfolgreiche Repositionierung beginnt mit einer fundierten Bestandsaufnahme: Welche Flächen sind untervermietet, welche Mieterbedürfnisse werden nicht mehr erfüllt, welche ESG-Kriterien sind nicht erfüllt? In der Folge braucht es eine objektindividuelle Strategie, die sowohl bauliche Maßnahmen als auch konzeptionelle Änderungen umfasst.
Dazu gehören u. a.:
- die energetische und technische Aufrüstung, um ESG-Vorgaben zu erfüllen,
die Neukonzeptionierung der Flächenaufteilung, z. B. zur Ermöglichung flexibler Nutzung (Co-Working, Mixed Use etc.), - ein gezieltes Rebranding oder Repositioning im Markt, das neue Nutzergruppen anspricht,
- die Entwicklung eines nachfragegerechten Vermarktungskonzepts, das neue Zielgruppen adressiert,
sowie eine Neukalkulation des CapEx-Bedarfs im Verhältnis zur langfristigen Wertstabilität.Eine erfolgreiche Repositionierung kann sich dabei nicht auf kosmetische Maßnahmen beschränken. Sie erfordert ein ganzheitliches Verständnis für Markttrends, Nutzeranforderungen und regulatorische Vorgaben – und deren konsequente Umsetzung. Die konkreten strategischen Ansätze und Schritte werden in den folgenden Kapiteln vertieft.
- die energetische und technische Aufrüstung, um ESG-Vorgaben zu erfüllen,
- Repositionierung von Bestandsimmobilien – Die erfolgreiche Repositionierung beginnt mit einer fundierten Bestandsaufnahme: Welche Flächen sind untervermietet, welche Mieterbedürfnisse werden nicht mehr erfüllt, welche ESG-Kriterien sind nicht erfüllt? In der Folge braucht es eine objektindividuelle Strategie, die sowohl bauliche Maßnahmen als auch konzeptionelle Änderungen umfasst.
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- Gezielter Portfolio-Shift – Neben der Optimierung bestehender Objekte sollten Investoren ihre Portfolios strategisch neu ausrichten. Die gezielte Beimischung zukunftsfähiger Assetklassen, wie beispielsweise Life-Science-Immobilien oder mietpreisgedämpfte Wohnprojekte, kann die Resilienz des Portfolios erhöhen. Zudem bieten auch robuste B-Städte einen Risikopuffer, da sie stärker von lokaler als globaler Nachfrage getrieben sind. Dieser Portfolio-Shift ermöglicht es, von Wachstumssegmenten zu profitieren und Risiken besser zu diversifizieren. Ein reiner Fokus auf (vermeintliche) Core-Büroobjekte mit langfristigen Mietverträgen ist nicht zukunftsträchtig: auch der längste Mietvertrag läuft irgendwann aus.
Fazit
Die Immobilienbranche steht 2025 vor tiefgreifenden Veränderungen. Abwertungen, Zinsunsicherheiten, ESG-Druck und geänderte Nachfragestrukturen erfordern ein Umdenken in der Investmentstrategie. Ein „Weiter so“ ist keine Option. Durch aktives Management, Repositionierung und einen gezielten Portfolio-Shift können institutionelle Investoren ihre Portfolios zukunftssicher gestalten und weiterhin erfolgreich am Markt agieren.
In den folgenden Kapiteln zeigen wir auf, wie diese Strategien konkret aussehen können – von der fundierten Bestandsanalyse über ESG-konforme Sanierungen bis hin zur gezielten Beimischung zukunftsträchtiger Assetklassen. Das Ziel: institutionelle Immobilienportfolios zukunftsfähig aufstellen.
Quellen
1. https://www.pwc.de/de/real-estate/emerging-trends-in-real-estate.html
2. https://www.boersen-zeitung.de/banken-finanzen/union-investment-geht-gegen-zbi-urteil-in-berufung
3. https://www.boersen-zeitung.de/kapitalmaerkte/am-bondmarkt-stehen-die-zeichen-auf-renditeanstieg