Nach der Zinswende kommt die Refinanzierungswelle
Die gute Nachricht zuerst: Die langfristigen Kapitalmarktzinsen haben sich stabilisiert, die ersten Zinssenkungen der Zentralbanken sind erfolgt, und die
Preise an den Immobilienmärkten stabilisieren sich. Nach der Zinswende hat sich nun auch der Renditeabstand von Immobilieninvestments zu deutschen Staatsanleihen wieder deutlich ausgeweitet. Damit hat sich für langfristig orientierte Investoren das Marktumfeld in den vergangenen zwölf Monaten erheblich verbessert.
Nun zur schlechten Nachricht für Immobilieninvestoren: Viele haben sich in der Niedrigzinsära langfristig mit günstigen Krediten versorgt, die sukzessive auslaufen und refinanziert werden müssen. Die Bedingungen für solche Anschlussfinanzierungen haben sich durch die Zinswende wesentlich verschlechtert: Zu den Zinskosten, die sich seit der Zinswende teilweise mehr als verdreifacht haben, kommt hinzu, dass häufig die Werte der besicherten Immobilien gesunken sind.
Banken müssen strengere regulatorische Vorgaben einhalten und sind weniger risikobereit. Für Anschlussfinanzierungen kann in vielen Fällen wesentlich weniger Fremdkapital gewährt werden.
Den Immobilieneigentümern drohen empfindliche Finanzierungslücken.
Für den gesamten deutschen institutionellen Immobilienmarkt summieren sich
diese Lücken im Zeitraum 2024 bis 2028 auf ungefähr 20 Milliarden Euro, wobei der Höhepunkt 2026 erreicht wird.
Die meisten Kredite, bei denen die Refinanzierung problematisch wird,
betreffen Büro- und Einzelhandelsimmobilien. Bei Logistik und Wohnen fällt
das Defizit dagegen relativ gering aus.
Strategien für eine erfolgreiche Anschlussfinanzierung
Die wichtigsten Hebel für eine erfolgreiche Anschlussfinanzierung liegen in der
langfristigen Ertrags- und Wertstabilität des Immobilieninvestments. Immobilieneigentümer sollten dafür sorgen, dass sie die Qualität der Lage, des Objekts, der Flächen und der Mieterqualität einer zu refinanzierenden Immobilie sowie deren Nachhaltigkeitseigenschaften erhalten oder sogar verbessern.

Gerade in der aktuellen Phase des Marktzyklus gewinnt daher die aktive Verwaltung der Mieter und der Anlagen an Bedeutung. Zum einen gilt es, die Ertragsseite der Objekte zu stärken. Zum anderen ist der finanzielle Aufwand für die Objektbewirtschaftung trotz gestiegener Bau-, Instandhaltungs- und Modernisierungskosten so gering wie möglich zu halten, ohne die Attraktivität der Immobilie zu schmälern.
Durch das veränderte Zins- und Marktumfeld erfordern Refinanzierungen eine erhöhte Zinstragfähigkeit. Refinanzierungen dürften in den meisten Fällen mit negativen Auswirkungen für die Ausschüttungen an das Eigenkapital verbunden sein. Allerdings hat sich das Mietsteigerungspotential von Gewerbeimmobilien zuletzt abgeschwächt. Rückläufige Inflationsraten sorgen dafür, dass Indexmieten nicht mehr so stark steigen. Investoren und auch Mieter unterscheiden zunehmend zwischen Immobilien je nach Lage, Nachhaltigkeit und Ausstattung. Diese Differenzierung wird auch bei den Refinanzierungen die Spreizung in den Risikoaufschlägen der Finanzierer verstärken.
Rechtzeitige Vorbereitung ist entscheidend
In jedem Fall sollten sich Investoren und Vermögensverwalter rechtzeitig vor Auslauf des Darlehens mit Optionen befassen, um eine Anschlussfinanzierung sicherzustellen. Banken und andere Finanzierer benötigen aktuell viel mehr Zeit für die Kreditprüfung. Es empfiehlt sich, über die Finanzierungsangebote der Banken Bescheid zu wissen wie auch über die Konditionen alternativer Finanzierer wie etwa Kreditfonds oder von Finanzierungen über Anleihen oder Schuldverschreibungen.
Des einen Leid ist des anderen Freud: Sollte es nicht gelingen, einen Finanzierungspartner für eine Kreditprolongation zu finden und eine Finanzierungslücke durch neues Eigenkapital zu schließen, müssen Immobilieninvestoren erwägen, ihre Immobilie zu verkaufen. Die gerade im Marktumfeld tendenziell schlechte Verhandlungsposition des Verkäufers sorgt auf Käuferseite für attraktive Gelegenheiten. So finden antizyklisch handelnde Käufer ein günstiges Zeitfenster für renditeträchtige Opportunitäten vor. Auch der Einsatz von Fremdkapital wirkt bei Neuinvestments wieder renditesteigernd.
Fazit: Talsohle in Sicht, gezielte Investitionen gefragt
Insgesamt dürfte der Immobilienmarkt seine Talsohle bis Ende 2024 erreicht haben. Dann dürften sich die Rendite- und Preisniveaus stabilisieren. Eine grundlegende, breite Marktbelebung ist allerdings bis Jahresende nicht zu erwarten. Stattdessen wird der Fokus für Investoren auf attraktiven, antizyklischen Investmentopportunitäten aus Sondersituationen liegen.