In der dynamischen Welt der institutionellen Investitionen gibt es zahlreiche Gründe, warum Investoren aus einem Spezialfonds (AIF) aussteigen möchten. Gleichzeitig bieten sich für potenzielle Neuinvestoren zahlreiche Chancen und Vorteile, wenn sie in bestehende Fondsstrukturen investieren können. Voraussetzung dafür ist jedoch die Existenz eines geeigneten und ausreichend liquiden Handelsplatzes für Spezialfonds. Frühere Vorbehalte sind nicht mehr zeitgemäß; vielmehr ist die Existenz eines funktionierenden und regulierten Sekundärmarkts für alle beteiligten Marktteilnehmer nur von Vorteil.
Der Sekundärmarkthandel von Fondsanteilen, auch als „Secondaries“ bezeichnet, ist insbesondere im angelsächsischen Raum und bei Assetklassen wie Private Equity und Private Debt eine längst etablierte Anlagestrategie. In Deutschland dagegen ist der Sekundärmarkt nur in Ausnahmefällen ein gängiger Exit-Weg. Und während der Börsenhandel mit liquiden Wertpapieren wie Aktien und Anleihen völlig selbstverständlich ist, wird er bei Spezialfonds nur selten als Möglichkeit wahrgenommen – oder gilt sogar als Reputationsrisiko. Diese Auffassung ist jedoch nicht mehr zeitgemäß und objektiv unzutreffend: Auch Fondsanteile sind grundsätzlich fungibel, also handel- und übertragbar. Die Motivation von Investoren für Ein- und Ausstieg sagt zudem nichts über die Qualität eines Spezialfonds aus: Anleger können auch Bewertungsgewinne durch einen erfolgreichen Exit realisieren, ihre Strategien und Allokationen anpassen wollen oder aus regulatorischen Gründen anpassen müssen.
Gerade für Immobilien sind Secondaries eine große Chance
Denn die Immobilienlandschaft ist im Wandel und dieser Wandel wirkt sich auch auf Immobilienfonds aus: Einzelne Nutzungsarten wie Büro und Einzelhandel stellen ihre Konzepte fundamental um und generell herrscht über alle Nutzungsarten hinweg ein hoher Revitalisierungsbedarf, um moderne Energie- und Heizkonzepte umzusetzen. Werden die zunehmend gereiften Immobilienfonds mit dem Lebenszyklus einer Immobilie verglichen, entsteht der Eindruck, dass sich die Assetklasse Immobilien insgesamt in einer Redevelopment-Phase befindet. Aus diesem Umstand ergeben sich Chancen und Risiken für Assetmanager, die älteren Portfoliobestand aufwerten oder ersetzen müssen. Durch diesen Anpassungsdruck ergibt sich für professionelle Anleger die theoretische Möglichkeit, die Immobilien-Allokationen je nach gewünschtem Chance-Risiko-Verhältnis anzupassen und entsprechend „atmen“ zu lassen. In der Praxis standen dem jedoch bisher begrenzte Handelsmöglichkeiten für Spezialfondsanteile entgegen, obwohl diese als Secondaries grundsätzlich gut handelbar sind.
Doch zusammen mit der Reife des Immobilienfondsmarktes wächst auch hierzulande das Bewusstsein und Verständnis für die Vorteile und Möglichkeiten von Secondaries-Transaktionen. International haben Secondaries längst eine signifikante Marktstellung erreicht und sind wichtiger Bestandteil der Anlagestrategie vieler institutioneller Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften, Family Offices und spezialisierter Secondaries-Fonds geworden. Deutlich wird dies etwa am wachsenden globalen Handelsvolumen von Secondaries in den vergangenen Jahren, welches Schätzungen zufolge jährlich allein für Immobilienfondsanteile mehrere Milliarden Euro umfasst. Möglich wurde dies unter anderem durch Verbesserungen der Markttransparenz und der Regulierungen, die das Vertrauen in den Markt für Secondaries gestärkt haben. Unter diesen Gesichtspunkten ist es mehr als sinnvoll, auch deutsche (semi-)professionelle Anleger darauf aufmerksam zu machen, dass es liquide und regulierte Handelsplätze gibt, die sich zum Beispiel bei Privatanlegern bereits etabliert haben. Das Angebot weitet den Sekundärmarkthandel in Deutschland im Bereich der Spezialfonds langfristig aus und bietet jetzt auch professionellen und semi-professionellen Anlegern die Chance, am wachsenden Markt für Secondaries zu partizipieren.
Ausstiege sind oft strategischer Natur
Institutionelle Investoren haben oft sehr spezifische Motive für den Ausstieg aus ihren Spezialfonds. Eine Anpassung der Asset-Allokation wird einfacher, kurzfristiger und flexibler möglich – unabhängig davon, ob Verkäufer aus strategischen Gründen umschichten möchten, den Markt anders wahrnehmen, wegen des Denominatoreffekts anders allokieren müssen oder aus anderen Gründen ihr Portfolio anpassen wollen. Gerade bei Immobilienfonds kann die Umschichtung wegen veränderter Risikoprofile durch Lebenszyklusphasen sinnvoll sein. Dabei können verkaufswillige Anleger transparent für die Käufer und diskret für die Öffentlichkeit kommunizieren. Anders als bei einer Rückgabe der Fondsanteile an die Kapitalverwaltungsgesellschaft besteht kein Reputationsrisiko gegenüber Mitanlegern, mit denen Verkäufer womöglich in anderen Fonds nach wie vor gemeinsam investiert sind. Außerdem finden Transaktionen schneller statt als bei der langwierigen und mit Fristen und Aufschlägen belegten Rückgabe von Fondsanteilen.
Sekundärmärkte bieten die Chance, dass Verkaufsentscheidungen als strategische Entscheidungen wahrgenommen werden und nicht wie gezwungene Verkäufe wirken. Diese Vorteile kommen sowohl den Fondsanlegern als auch den Assetmanagern entgegen, da die Liquidierung des Fonds durch Rückgaben vermieden wird. Stattdessen rücken die strategischen Elemente der Verkaufsentscheidung in den Mittelpunkt: Es können Bewertungsgewinne realisiert werden, freie Mittel zur Reinvestition stehen schneller und planbarer zur Verfügung. Ein Sekundärmarkt schafft für Spezialfonds damit einen sicheren Rahmen, der normale Marktdynamiken abbildet: Durch eine höhere Liquidität beim Handel mit Fondsanteilen wird die Balance zwischen Angebot und Nachfrage geschaffen, die wiederum zu einer marktgerechten und damit Compliance-konformen Preisbildung führt.
Der Exit wird zum Einstiegsfenster
Eine Transaktion kann allerdings nicht stattfinden, ohne dass es eine Käuferseite gibt. Auch für diese ergeben sich zahlreiche Vorteile aus dem Kauf von Secondaries. Neuinvestoren bekommen die Möglichkeit, in ein bereits laufendes Investment einzusteigen, das durch institutionelles Reporting einen transparenten Track-Record aufweist, was für den Käufer ein geringeres Investitionsrisiko bedeuten kann. Gerade risikoaverse Anleger können aufgrund der höheren Transparenz schon vor der Transaktion Einblick in alle relevanten Kennzahlen erhalten, anstatt wie bei einem Blindpool die „Katze im Sack“ kaufen zu müssen. Somit wird die Bestimmung der Position des Spezialfonds im Lebenszyklus und die Entscheidung über präferierte Nutzungsarten und Risikoexpositionen leichter.
Anhänger opportunistischer Ansätze und von Value-Add-Strategien können wiederum in bevorstehende Revitalisierungsprojekte einsteigen, die durch Modernisierung eine hohe Chance auf Wertsteigerung bieten. Zwar gehen opportunistische Strategien auf dem Sekundärmarkt mit einem potenziellen Reinvestitionsrisiko einher, doch können sich Investoren dank der Transparenz zwischen den Handelsparteien vorab ein gutes Bild von Objekt- und Standortrisiken sowie -chancen machen. Die Marktbalance auf einem liquiden Handelsplatz führt auch für sie zu einer fairen, unabhängigen und somit Compliance-gerechten Bepreisung. Auch winkt die Chance auf gute Einstiege: Bisweilen bieten Discounts gegenüber den ursprünglichen Ausgabepreisen relativ gute Einstiegspreise und somit höhere Renditechancen – wobei dies natürlich kein Automatismus ist und individuell ausgehandelt werden muss.
Assetmanager sollten aktiv auf Sekundärmärkte zugehen
Auch für Assetmanager beziehungsweise Kapitalverwaltungsgesellschaften bietet der Secondaries-Handel über Sekundärmärkte zahlreiche Vorteile. Wenn Fondsanteile auf einem Sekundärmarkt gehandelt werden, geschieht dies neutral für das Mittelaufkommen des Fonds: Käufer und Verkäufer handeln die Fondsanteile untereinander, es gibt daher keine Folgen für das Fondsvermögen in Form von Abflüssen. Dies ist angesichts der derzeitigen Nettomittelabflüsse bei offenen Immobilien-Publikumsfonds ein auch für Spezial-AIF nicht ganz unrealistisches Szenario, dem für Spezial-AIF mithilfe von Sekundärmärkten effizient begegnet werden kann. So erodiert der Fonds nicht von innen und Mittel zur Auszahlung müssen nicht durch etwaige Assetverkäufe beschafft werden – was gerade bei professionellen Real-Asset-Fonds, die mit sehr geringen Liquiditätsreserven gemanagt werden, schnell erforderlich werden kann. Spezialfonds behalten ihre Reputation, da Verkäufe strategischer Natur nicht mehr das Mittelaufkommen angreifen.
Die Kommunikation unter allen Parteien inklusive der Assetmanager kann auf breiter Ebene mithilfe von Sekundärmärkten stattfinden, wenn sich diese aktiv an Sekundärmärkte wenden. Es fließen durch die Nutzung von Sekundärmärkten zwar keine neuen Mittel in die Fonds, was bei laufenden Fonds ohnehin nicht immer möglich und erwünscht ist. Manche Käufer beziehungsweise die neuen Anteilseigner können aber, wenn es möglich ist, in einer zweiten Runde zusätzliche Mittel einbringen und ihre Positionen ausbauen, zum Beispiel um ESG-Strategien im Bestand umzusetzen. Assetmanager erhalten dadurch die Möglichkeit, umfassende Revitalisierungskonzepte zu erstellen und aktiv Value-Add-Investoren mit neuem Eigenkapital einzuwerben, was den Fonds in die nächste Lebenszyklusphase überführt.
Die Zeit für Sekundärmärkt ist jetzt
Marktdaten belegen die wachsende Bedeutung von Secondaries. Ein Bericht von „Secondaries Investor“ zeigt, dass Europa und Asien verstärkt aufholen, was die Nutzung von Secondaries-Transaktionen angeht. Das Handelsvolumen von Secondaries ist stetig gewachsen und umfasst jährlich mehrere Milliarden Euro allein für Immobilienfondsanteile weltweit. Senior Executives von Ares Management schätzen das Potenzial für Immobilien-Spezial-AIF auf dem Secondaries-Markt auf 20 Milliarden US-Dollar Volumen in den nächsten Jahren. Diese Entwicklung wird durch zunehmende Markttransparenz und verbesserte Regulierung unterstützt, die das Vertrauen in Secondaries-Transaktionen stärken. Dies zeigt deutlich, dass liquide und regulierte Handelsplätze auch für deutsche professionelle Anleger von großem Nutzen sein können, da sie den Zugang zu Secondaries erleichtern.
Die Möglichkeit von Secondaries-Transaktionen über einen liquiden Handelsplatz birgt damit nur Vorteile für alle Beteiligten. Da Käufer und Verkäufer ihre Interessen dadurch effizient wahrnehmen können, ist ein funktionierendes und diskretes Sekundärmarktmodell für semi-professionelle und institutionelle Investoren wichtig. Gerade in volatileren Marktumfeldern wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt stellen Sekundärmärkte eine wichtige und relevante Möglichkeit für viele Investoren dar, die ihre Allokationen aus strategischen oder regulatorischen Gründen anpassen wollen oder müssen. So können institutionelle Anleger ihren Auflagen nachkommen, während interessierte Käufer Opportunitäten zum Markteinstieg erhalten. Da Secondaries eine etablierte und wachsende Anlagestrategie darstellen, die auch in Deutschland zunehmende Bedeutung erlangt, schließen Sekundärmärkte eine wichtige Lücke – im Interesse aller Beteiligten und zum Vorteil aller Beteiligten: Der erfolgreiche Exit wird zum attraktiven Einstieg – ohne Änderungen an Fondsvolumina.