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Soziale bzw. kritische Infrastruktur etabliert sich als Anlageziel – Immobilie oder Real Assets?

Soziale und kritische Infrastruktur
Bild: Montano Real Estate

Von Stefan Stute, Head of Investment Consulting Wüest Partner, und Sebastian Schöberl, Gründer und Managing Partner von Montano

Traditionell gelten Immobilien („Real Estate“) als Sachwertanlage, die stabile Einnahmen bieten und von Investoren aufgrund ihrer Prognoseverlässlichkeit geschätzt werden. Wird der Begriff erweitert zu den „Real Assets“ können auch andere materielle Güter wie Rohstoffe und Gold, sogar Kunst und Sammlerstücke wie Oldtimer dazu gezählt werden. Ein weiterer wichtiger Teilbereich der „Real Assets“ sind jedoch soziale, digitale und energetische Infrastruktur.

Kritische Infrastruktur: das Beste aus zwei Welten

Ebenso wie „Real Estate“ zeichnet sich dieser Teilbereich durch die physische Substanz und die langfristige Ertragsorientierung aus. Der Unterschied liegt vor allem in der Nutzerstruktur: Immobilien werden in der Regel privatwirtschaftlich vermietet und sind somit vom Markt bzw. Angebot und Nachfrage abhängig. Dagegen bieten Infrastrukturprojekte oft staatlich abgesicherte Erträge, beispielsweise bei Pflege- oder Bildungseinrichtungen oder Stromnetzen mit regulierten Vergütungen. Regulierte Vergütungen wie bei Stromnetzen bieten somit noch mehr Prognosesicherheit als bspw. ein Mietvertrag mit einem bonitätsstarken Mieter und sind somit noch stärker als Core-Investment anzusehen.

Aufgrund dieser Eigenschaften wächst die Nachfrage nach Real Assets weiterhin stark. Sie wird angetrieben von globalen Megatrends die großen Mengen an Kapital benötigen wie bspw. Dekarbonisierung, Digitalisierung und dem demografischen Wandel. Laut Studien (z. B. Preqin, INREV, IPE Real Assets) flossen 2024 weltweit rund 150 Milliarden Euro in Real Assets außerhalb klassischer Immobilien – etwa 45 Mrd. Euro in erneuerbare Energien, 30 Mrd. Euro in digitale Infrastruktur und 20 Mrd. Euro in soziale Infrastruktur. Deutschland ist mit etwa 12 % Anteil einer der aktivsten europäischen Märkte.

Verbesserte Rahmenbedingungen für Investitionen

Im Februar 2025 wurde eine neue Infrastrukturquote in der Anlageverordnung eingeführt, die es regulierten Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen erleichtert, gezielt in Infrastrukturprojekte zu investieren. Diese Quote beträgt 5 % des Sicherungsvermögens und sorgt dafür, dass Investitionen in Infrastruktur nicht durch andere Quoten eingeschränkt werden. Zusätzlich wurden im Rahmen des Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG II) Maßnahmen getroffen, um Fondsinvestitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien zu vereinfachen. So dürfen Immobilienfonds künftig in Photovoltaikanlagen auf eigenen Dächern und bis zu 15 % ihres Vermögens in Infrastruktur-Projektgesellschaften investieren. Damit können Fonds direkt an der Energiewende teilhaben und nachhaltiger investieren. Das Gesetz soll im Jahr 2025 in Kraft treten.

Zugang zur Assetklasse

Der Zugang zu „kritischer Infrastruktur“ unterscheidet sich deutlich vom klassischen Immobiliengeschäft und auch von „klassischen“ Infrastrukturinvestments wie Flughäfen, Brücken oder Autobahnnetzen. Diese Immobilien wie Schulen, medizinische Einrichtungen oder sicherheitsrelevante Gebäude, sind hochspezialisiert und unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben sowie sicherheitstechnischen Anforderungen. Sie sind oft systemrelevant, haben langfristige Mietverträge (oftmals mit staatlichen Mietern) und bieten somit stabile Cashflows und Prognosesicherheit. Trotzdem erfordern sie aktives Asset Management, Spezialwissen – insbesondere im Umgang mit dieser speziellen Art von Mietern – und technisches Know-how.

Der Zugang zu dieser Assetklasse erfolgt meist über spezialisierte Investmentmanager, die frühzeitig Kontakte zu Projektentwicklern, Behörden oder staatlichen Stellen haben.

Bewertung sozialer Infrastruktur – Herausforderungen und Besonderheiten

Bei der Bewertung sozialer, digitaler oder energetischer Infrastruktur ist es besonders wichtig, die richtigen Bewertungsparameter zu bestimmen. Da diese Anlagen oft langfristig genutzt werden, unterscheiden sich die Bewertungsgrundlagen stark. Zum Beispiel wird eine Pflegeeinrichtung anders bewertet als eine Alterswohnresidenz, und eine Schule anders als eine Kindertagesstätte oder ein Rechenzentrum.

Insgesamt handelt es sich um ein komplexes Marktumfeld, indem Spezialwissen notwendig ist. Um erfolgreich zu investieren ist es wichtig die gesetzlichen Vorgaben, branchenspezifische Besonderheiten sowie das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage genau zu verstehen. Bei der Bestimmung einer marktüblichen Pacht, etwa für eine Pflegeimmobilie, spielen nicht nur Lage und Nachfrage eine Rolle. Vielmehr werden die Pachtpreise anhand festgelegter Kostensätze ermittelt. Faktoren wie die Auslastung, die Einhaltung von Einzelzimmerquoten oder die Prognose des Anteils an Sozialhilfeempfängern sind ebenfalls entscheidend und unterscheiden sich deutlich von anderen Gewerbeimmobilien.

Ein anderes Beispiel sind Rechenzentren: hier wird in der Regel nicht die Fläche vermietet, sondern einzelne Server-Racks und die „Vermietung“ umfasst oft die Bereitstellung von Zugang zu Strom, Kühlung und letztendlich zu Verarbeitungskapazitäten.

Die Beispiele zeigen, wie komplex die Bewertung sozialer Infrastruktur sein kann, da gesellschaftliche Trends wie Fachkräftemangel, verzögerte Kostenrefinanzierung oder Eigenanteile bei Pflegekosten berücksichtigt werden müssen. Diese Annahmen lassen sich am besten durch eine dynamische Cashflow-Bewertung, also die Discounted Cash Flow (DCF)-Methode, abbilden. Diese Methode ist langfristig besser geeignet als statische Bewertungsverfahren, die in Deutschland häufig bei klassischen Immobilien verwendet werden.

Der Blick der institutionellen Investoren

Immer mehr institutionelle Investoren interessieren sich für soziale Infrastrukturprojekte. Als zusätzliche Asset Klasse bietet soziale Infrastruktur eine weitere Möglichkeit der Diversifizierung innerhalb des Real Estate bzw. Real Asset Portfolios und stabile prognostizierbare Cashflows, die oftmals durch staatlich abgesicherte Verträge oder inflationsindexierte Vereinbarungen gesichert sind.

Des Weiteren sind diese Investments weniger oft von konjunkturellen Schwankungen betroffen und bieten institutionellen Investoren die Möglichkeit privates Kapital in dringend benötigte Bereiche der öffentlichen Infrastruktur zu lenken. Aufgrund des Investitionsstaus in vielen Bereichen wie Bildung, Pflege oder den „Blaulichtstationen“ besteht hier ein großer Nachholbedarf.

Soziale Infrastruktur entwickelt sich zunehmend vom Nischendasein hin zu einer etablierten Asset Klasse im Bereich Real Assets. Herausforderungen sind die Entwicklung skalierbarer Projektpipelines und standardisierte Bewertungsmethoden, um das vorhandene Kapital effizient zu investieren und „win-win-Situationen“ für die Gesellschaft und Investoren zu entwickeln.

Case Study

Ein Beispiel aus der Praxis ist das Haus des lebenslangen Lernens (HLL), welches Montano Real Estate im Jahr 2023 für institutionelle Investoren erworben hat. Es handelt sich um einen großflächigen Schul- und Hochschulcampus in Dreieich bei Frankfurt am Main, der langfristig an den Landkreis Offenbach vermietet ist.

Das Investment bietet Prognosesicherheit, Inflationsschutz aufgrund der Indexierung des Mietvertrages und letztendlich eine attraktive Ausschüttungsrendite aufgrund der Finanzierungsstruktur.

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