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Fondsrisikobegrenzungsgesetz: Regierungsentwurf treibt System-Konvergenz von Kapitalverwaltungsgesellschaften zu Kreditinstituten voran

Bild: 2IP/ChatGPT

Während die Fondsindustrie deutliche Verbesserungen im Produktrecht als Anlass zur Freude nimmt, zieht die Regulierung für Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) weiter an – und rückt sie immer tiefer in den Orbit der Bankenwelt.

Regierungsentwurf zum Fondsrisikobegrenzungsgesetz (Reg-E)

Anfang August wurde der Ref-E des Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht. Die Konsultation dauert bis zum 5. September. Der Hintergrund ist wie folgt:

  • Der Reg-E erledigt einerseits den Job des in der vorherigen Legislaturperiode in den Ampel-Wirren nicht mehr in Kraft getretenem Fondsmarktstärkungsgesetz.
  • Das umfasst einerseits die mittlerweile eilige Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht, so beispielsweise zur Überarbeitung von AIMFD und OGAW.
  • Daneben greift der Reg-E weitere Inhalte des Fondsmarktstärkungsgesetz auf, die ihrem Namen entsprechend auf die Stärkung des deutschen Fondsmarkts einzahlen sollen, wobei diese Inhalte teilweise sogar deutlich weiter entwickelt wurden.

Offensichtliche (Produkt-) Ebene

Die ersten öffentlichen Reaktionen in der Fondsindustrie: Ein mediales Kurzbild, das auf die Verbesserungen im Produktrecht einschränkt. Wobei das auch völlig verständlich ist, denn Produktvorschriften sind unmittelbar mit der möglichen Umsetzung von Strategien verbunden und catchen bzw. bestimmen den öffentlichen Diskurs, was sich dadurch verstärkt, dass an seiner Formung überwiegend im Produktrecht arbeitende Berater mitwirken.

Und zu Recht sind die begrüßenswerten Verbesserungen zu den zahlreichen Produktvorschriften in den ersten Reaktionen sehr gut aufgenommen wurden. In diese offensichtliche (Produkt-) Ebene möchte der Autor aber in dieser Kolumne nicht einsteigen. Zumal hierüber bereits auf das Investmentrecht versierte Berater-Adressen in öffentlich zugänglichen Newslettern sehr gut informieren. Es gibt dazu als mehr als ausreichend Informationsquellen.

(KVG-) Hintergrund-Ebene

Abseits der offensichtlichen (Produkt-) Ebene sollen in dieser Kolumnen-Ausgabe die Vorschriften auf KVG-Ebene ausgeleuchtet werden, die relevante Veränderungen für die Verwaltung durch die KVGen mit sich bringen.

Worum geht es: Es ist bereits seit längerer Zeit zu beobachten, dass eine Annäherung von KVGen an das regulatorische System der Kreditinstitute stattfindet. Der Blick ausschließlich in den Reg-E wäre unvollständig, diesen Prozess zu beschreiben. Und trotzdem greift der Reg-E diesen übergeordneten und anhaltenden Prozess sehr deutlich auf und färbt sich durch diesen. Der mit dem Namenswechsel von „Stärkungsgesetz“ aus der abgelaufenen Legislaturperiode auf „Risikobegrenzung“ verbundene Shift in der Ausrichtung ist nicht zu verkennen.

Der Reg-E lockert also das Produktrecht, was positiv in der (Berater-) Industrie aufgenommen wurde, zu Recht. Und nun aber mal den Blick auf die Regulierung der Kapitalverwaltungsgesellschaften selbst: Das Reg-E treibt den Professionalisierungsprozess der KVGen weiter, indem er in Bezug auf Verhaltens- und Organisationspflichten der KVGen Anforderungen statuiert, die sich noch weiter an die von Kreditinstituten annähern.

Daraus folgt, dass das Gesetz glücklicherweise von der deutschtümlichen Tradition abrückt, Risikobegrenzungen durch überladendes Produktrecht zu erreichen, sondern organisiert dies jenseits des Produktrechts durch bedeutende Verschärfungen auf Ebene der KVG-Gesellschaft. Oder auch kurz: Kapitalverwaltungsgesellschaften dürfen auf Produktebene immer mehr (Beispiel: Debt Funds), müssen dafür umgekehrt aber auch immer mehr können!

Beispielhafte Auswahl tiefgreifender Anforderungen an die KVG, die der Reg-E verschärft oder neu einführt, sind:

  • Geschäftsleiter der KVG: Müssen auf Vollzeitbasis bei der KVG beschäftigt sein; das trifft insbesondere kleinere und mittelgroße Anbieter hart, die teilweise Teilzeit-Geschäftsleiter eingebunden haben, zum Beispiel wenn diese einen hohen Expertise-Grad mitbringen und den Ausbau von Geschäft anfänglich unterstützen sollen; allerdings trifft die Vorschrift möglicherweise auch KVGen aus Konzern-Strukturen empfindlich: Sie öffnet die Tür für Konkretisierungen durch die Aufsicht, die noch nicht abzusehen sind. Denn nach welchem Maßstab sollen denn Fälle zu beurteilen sein, in denen sich eine Konzern-KVG arbeitsteilig organisiert und beispielsweise Leistungen aus anderen Konzern-Entitäten bezieht und der Geschäftsleiter der Konzern-KVG auch für diese anderen Konzern-Entitäten tätig ist? Das Judiz sagt einem, dass hier eine Vollzeitbeschäftigung für die Konzern-KVG immer noch vorliegt, weil es nicht darauf ankommen sollte, in welcher Gesellschaft der Geschäftsleiter die für die KVG erforderlichen Tätigkeit erbringt. Würde das denn auch noch gelten, wenn die Konzern-Entität nicht nur für die Konzern-KVG, sondern auch für dritte KVGen Dienstleistungen erbringt? Die gesamte Industrie ist auf Skalierung und Plattform-Effekte ausgerichtet, und hierfür ist die Öffnung der eigenen Werkbank für Dritte von relevanter Bedeutung. Es kann dann eigentlich keinen Unterschied machen, ob der Geschäftsleiter diese Dienstleistungen aus der KVG auch für Dritte betreut oder aus einer Konzern-Entität.
  • Stärkere Transparenz und Einbindung in Prozesse von Auslagerungs- und Unterauslagerungsunternehmen: Bei AIF-KVGen ist für den Erlaubnisantrag nach gegenwärtig gültigem § 22 Abs. 1 Nr. 8 KAGB lediglich gefordert, dass „Angaben über Auslagerungsvereinbarungen nach § 36 KAGB“ beigebracht werden; die sie zukünftig ersetzende Vorschrift fordert viel mehr dokumentierte Transparenz über verbleibende Aufgaben im Auslagerungscontrolling seitens der KVG und vor allen Dingen betrifft sie gegenständlich nun nicht nur „Auslagerungen“, sondern auch „Unterauslagerungen“; Weitergehende Verantwortlichkeiten ergeben sich auch unmittelbar aus den Anpassungen in § 36 KAGB.
  • Kreditmarktfolge: Der Reg-E knüpft an die bestehende Rechtslage an, verschärft sie aber weiter: AIF-KVGen, die Kredite vergeben, müssen ihr Risikomanagement weiter ausbauen; zudem sind für den Fall kreditvergebener Fonds als offenes Investmentvermögen Liquiditätsrisikomanagementsysteme einzubinden.
  • Meldepflichten: Die Meldepflichten werden ausgeweitet und nähern sich ein weiteres Stück an die von Kreditinstituten an; es geht auch noch stärker um die Erfassung systemischer und anderer Marktrisiken.
  • Sonderbeauftragter: Anlehnung an die Vorschriften des KWG für Institute, wonach ein Sonderbeauftragter von der Aufsicht mit der Wahrnehmung von Aufgaben in der Kapitalverwaltungsgesellschaft betraut werden kann.

System-Konvergenz

Die oben beispielhaften Strukturanpassungen für Kapitalverwaltungsgesellschaften verdeutlichen den Trend, der hier in dieser Kolumne als System-Konvergenz eingeordnet wird. Es findet eine Nivellierung des Regulierungs-Niveaus aller regulierten Teilnehmer in der Finanzindustrie statt, wobei die Regulierung aller Anlehnung an das Regulierungs-Niveau von Kreditinstituten findet. Der Reg-E alleine begründet nicht diesen Trend, sondern ist als ein weiterer wesentlicher Bestandteil dies anhaltenden Prozesses aufzufassen. Kapitalverwaltungsgesellschaften sind nämlich gegenwärtig von mehreren Seiten einem starken regulatorischen Druck ausgesetzt, also aktuell gerade beispielsweise aus dem Fondsrisikobegrenzungsgesetz und anderen regulatorischen System wie DORA sowie der Regulierung zur künstlichen Intelligenz.

Bild: 2IP/ChatGPT

Was folgt hieraus und was könnte hieraus folgen – Ergebnisse:

  • Kapitalverwaltungsgesellschaften dürfen auf der Produktseite zunehmend freier agieren (Mehr „Competitiveness“ gegenüber ausländischen Fondsstandorten) und müssen im Gegenzug dafür als Organisation immer mehr können.
  • Kein Stopp dieses Professionalisierungs-Trends, weil Kreditinstitute ihrerseits ebenfalls permanenten steigendem regulatorischen Druck ausgesetzt sind, und Kapitalverwaltungsgesellschaften in ihren Orbit ziehen.
  • Geschäftsmodelle müssen zukünftig noch stärker strategisch durch Prozesse und Geschäftsorganisationen gedacht werden, also ohnehin schon (Fondsstrategie und Vertrieb reichen als Erfolgsfaktor schon lange nicht mehr aus).
  • Dieser regulatorische Druck trifft auf eine Industrie, die im Bereich der Immobilienfonds mit schrumpfenden Kapitaltöpfen kämpft; in der Folge ist zu vermuten, dass zwischen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften noch stärker Synergien gesucht werden, was in letzter Konsequenz zu einer Reduzierung zugelassener AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften führen könnte.
  • Markteintrittsbarrieren für Neugründungen steigen weiter; für private Gründungen sowieso, aber auch im institutionellen Bereich wird bei Einstiegswunsch in das Fondsgeschäft vermutlich im Rahmen von „Make or Buy“-Entscheidungen die Entscheidung eher zu Gunsten von „Buy“ ausgehen.

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